Wie soll die Welt mit Nordkorea umgehen?
Nach einem erneuten Raketentest Nordkoreas hat US-Präsident Trump indirekt mit militärischen Maßnahmen gedroht. Pjöngjang hatte eine Rakete über Japan hinweg in den Pazifik geschossen. Wie vertrackt der Nordkorea-Konflikt geopolitisch ist und welche Interessen Moskau und Peking verfolgen, erläutern Journalisten.
Moskau stachelt Kim auf
Der linke Publizist Jakub Majmurek analysiert in Gazeta Wyborcza die Rolle Russlands in dem Konflikt:
„Zwei Monate nach der Annexion der Krim hat Russland Pjöngjang 90 Prozent seiner Schulden erlassen. Als es in den letzten Monaten zu Provokationen durch Kim kam, gab die russische Propaganda den USA und ihren Verbündeten die Schuld für die angespannte Situation. Was will der Kreml in Korea erreichen? Sicher geht es den russischen Polit-Eliten darum, einen militärisch starken nordkoreanischen Staat zu erhalten, der einen Puffer gegen die in Südkorea stationierten amerikanischen Truppen darstellt. ... Der russische Bär wird nicht aufhören, in Korea sein Spiel zu spielen. Indem er Pjöngjang die Sicherheit gibt, dass es auf ein Veto in den UN und auf wirtschaftliche Unterstützung zählen kann, ermutigt er das Regime zu einem härteren Auftreten auf internationaler Bühne.“
China weiß die Krise zu nutzen
Wie China von der Nordkorea-Krise profitiert, erklärt der Spezialist für internationale Beziehungen, José Pedro Teixeira Fernandes, in Público:
„Obwohl ein 'Stellvertreterkrieg' mit den USA in Nordkorea China im Bereich der Wirtschaft und des Handels schaden würde, hätte dieser für Peking auch absehbare geopolitische Gewinne (außer natürlich, wenn es zu einem Katastrophenszenario der nuklearen Konfrontation auf der koreanischen Halbinsel käme). ... China übernimmt derzeit die Rolle einer Großmacht, die dem internationalen Frieden und der Stabilität verpflichtet ist. Gleichzeitig überlässt es Nordkorea die Rolle des Agitators und Provokateurs. Eine Rolle, die China nicht übernehmen will, weil sie seinem Image schaden würde - die dem Land aber geopolitisch sehr gut in seinen Plan passt.“
Nordkorea diktiert das Geschehen
Der provokante Abschuss einer nordkoreanischen Mittelstreckenrakete offenbart die Hilflosigkeit des Westens, konstatiert Sme:
„Von US-Präsident Trump war lediglich wieder zu hören, dass alle Optionen auf dem Tisch seien. Aber welche, bitte? Ex-Berater Bannon sagte jüngst, angesichts von womöglich Millionen Toten gebe es keine militärische Option. Unklar ist, was der Westen noch sanktionieren könnte, zumal China in Nordkorea auch weiter Textilien kauft und im Gegenzug Öl exportiert. Für Peking steht an erster Stelle, dass Nordkorea überlebt und nicht Millionen Flüchtlinge über die gemeinsame Grenze kommen. ... Wenn es keine schärfere internationale Reaktion gibt, wird Nordkorea nichts daran hindern, wirklich zu einer Atommacht zu werden. Das Land scheint zu allem entschlossen. Und uns bleibt nichts, als zu warten, was es als nächstes tun wird.“
Kims gefährlicher Drang nach Anerkennung
Kims Raketentest über Japan war ein weiteres Spiel mit dem Feuer, analysiert der Tages-Anzeiger:
„Wie US-Präsident Donald Trump auf einen Trümmerregen in Japan oder gar den Absturz eines von Splittern getroffenen Passagierflugzeugs reagieren würde, lässt sich nur erahnen. Nach dem Test wiederholte er, alle Optionen seien auf dem Tisch, auch die militärischen. Derweil beharrt Pjöngjang auf dem Recht auf Selbstverteidigung, das an sich niemand infrage stellt. Kims krankhafter Drang nach Anerkennung verbindet ihn mit seinem Gegenspieler. Anders als Trump geht er jedoch weit grössere Risiken ein, um für sich, für sein Regime und für Nordkorea als Atommacht diese Anerkennung zu erlangen. Das macht diese Krise so anfällig für eine ungeplante Eskalation.“
Die Krise als Dauerzustand
Dass eine Sanktionspolitik in dem Konflikt etwas bewegen kann, ist illusorisch, glaubt das Handelsblatt:
„Der Aufstieg zu einer vollständigen Atommacht ist für Nordkorea schon deshalb unverzichtbar, um die USA von Sturzversuchen abzuhalten. Gleichzeitig ist die Drohung mit dem nuklearen Fegefeuer das wichtigste Mittel für das Endziel der Ultranationalisten in Pjöngjang. Sie wollen so den USA die Verteidigung von Südkorea verleiden, um damit einen Truppenabzug und eine Vereinigung unter Nordkoreas Führung zu erzwingen. ... Gleichzeitig haben weder China noch Russland ein Interesse, durch zu harte Sanktionen Nordkoreas Zusammenbruch auszulösen. Denn der arme Staat ist nicht nur ein willkommener Puffer zu den USA, sondern auch ein möglicher Spaltpilz zwischen den USA und seinen ostasiatischen Alliierten.“
Gespräche sind der einzige Weg
Der Konflikt mit Nordkorea kann nur durch Verhandlungen gelöst werden, meint Delo und erinnert an den Kalten Krieg:
„Wenn wir bedenken, dass Washingtons Hauptansprechpartner nicht Pjöngjang, sondern Peking ist, dann ist dieser Moment ideal für Gespräche, wie sie zwischen [den Staatsüberhäuptern der USA und der Sowjetunion] Reagan und Gorbatschow Mitte der 1980er Jahre stattfanden. Damals haben beide erkannt, dass man sinnvollerweise vor allem über die Beseitigung der Atomwaffen reden muss. ... Wenn Trump den Menschen nicht nur als schlechter Präsident in Erinnerung bleiben möchte, muss er sich fragen, was noch getan werden muss, damit die USA wirklich groß werden. Nicht Krieg führen, sondern nachdenken und verhandeln.“