Was hilft gegen Propaganda im Internet?
Die russischen Versuche, über soziale Medien Einfluss auf den US-Wahlkampf zu nehmen, waren offenbar umfangreicher als bislang angenommen. Allein Facebook räumte ein, dass 126 Millionen US-Nutzer zwischen 2015 und 2017 von russischen Quellen veröffentlichte Kommentare und andere Inhalte erhielten. Kommentatoren sind sich nicht einig, wer dafür zur Verantwortung gezogen werden soll.
Auch der Internet-Nutzer trägt Verantwortung
Letztlich sind es auch die User, die sich politischer Propaganda entgegenstellen müssen, glaubt Die Welt:
„Das Internet verteilt einen Teil der Verantwortung auf seine Nutzer. Ganz egal, ob es um Flugbuchungen, Banking oder Veröffentlichungen in Netzwerken geht. Das ist eines der Prinzipien. Wir müssen uns als Nutzer von sozialen Netzwerken dieser Verantwortung stellen und ihr gerecht werden. Wir müssen Behauptungen kritisch hinterfragen, Quellen prüfen und vor allem nicht immer gleich alles glauben, was uns in die Timeline gespült wird. Wenn wir das nicht schaffen, dann sind wir ein dankbares Ziel für Propaganda jeder Art.“
Nur Gesetze können soziale Medien regulieren
Freiwillig werden die Tech-Konzerne die Propaganda nicht stoppen, fürchtet der Tages-Anzeiger:
„Es ist zu bezweifeln, dass sich die digitalen Konzerne zu solchen Selbstregulierungen durchringen. Facebook ist ein börsennotiertes Unternehmen. Als solches muss es sein Geschäftsmodell ausbauen. Versuche, Empörungsmechanismen auszuhebeln, kämen die Firma teuer zu stehen. Würde ein Autokonzern die Leistung seiner Motoren freiwillig drosseln? Verantwortungsbewusstsein ist eine Tugend. An der Börse ist sie leider nichts wert. Nein, aus der digitalen Industrie werden keine Antworten kommen. Die muss die demokratische Gesellschaft selbst finden - und danach handeln. Auch wenn die Konsequenz eine unamerikanische ist: gesetzliche Regulierung.“
Sonderbehandlung der Tech-Firmen beenden
Der US-Kongress muss die Aufklärung über russische Wahlpropaganda auf Facebook, Twitter und Google zum Anlass nehmen, um die Sonderbehandlung der Internetbranche zu beenden, fordert die Neue Zürcher Zeitung:
„Dass das volle Ausmass der Einflussnahme noch immer nicht bekannt ist, liegt ... entweder an mangelnder Fähigkeit, die eigenen Plattformen zu kontrollieren, oder an mangelnder Bereitschaft zur Transparenz. Beides ist Grund genug, die Tech-Firmen den gleichen Gesetzen zu unterstellen, die für die Konkurrenten schon heute gelten. So müssen traditionelle Medienhäuser etwa aufwendig dokumentieren, wer bei ihnen politische Werbung schaltet. Versäumen sie dies, werden sie zur Rechenschaft gezogen. Zu lange haben die Silicon-Valley-Firmen eine Sonderbehandlung in Washington erfahren.“
Internetgiganten geht es nur ums Geld
Facebook, Google und Co. nehmen ihre Mitverantwortung für den Schutz der Demokratie viel zu wenig ernst, klagt Irish Examiner:
„Die Vorgänge in Washington in dieser Woche werfen Fragen betreffend der Sicherheit der Demokratie auf. ... Twitter, Facebook und Google versuchen nun zu erklären, wie und warum sie es ausländischen Diensten erlaubt haben, US-Wähler gezielt anzusprechen. Rundheraus gesagt waren hier geschäftliche Interessen einfach wichtiger als jeglicher Sinn für nationale Verantwortlichkeit - und zwar in einer Art und Weise, die sogar unsere Banker in Irland als Ausbund an Tugend erscheinen lassen. Das wirft eine grundlegende Frage unserer Zeit auf: Sind Demokratien imstande, den Machenschaften der Daten-Plutokratie entgegenzutreten?“