Erdoğan macht Wahlkampf in Sarajevo
Einen Monat vor der Parlaments- und Präsidentschaftswahl in der Türkei hat Präsident Erdoğan in Sarajevo türkische Staatsbürger im Ausland um Unterstützung gebeten. Terrororganisationen und deren ausländischen Handlangern solle eine "osmanische Ohrfeige" verpasst werden. Nach Angaben der Organisatoren waren rund 10.000 Menschen aus ganz Europa angereist. Kommentatoren beschreiben ihre Beobachtungen.
Böse Erinnerungen an die Vergangenheit
Novica Mihajlovič, Journalist der Tageszeitung Delo war beim Wahlkampfauftritt Erdoğans in Sarajevo dabei und zieht Vergleiche mit der Vergangenheit:
„Ein Meer türkischer Fahnen, Bilder des großen Führers, Hymnen auf Erdoğan, eine Ikonografie aus einer anderen Zeit, an die wir uns, wenngleich die Symbole andere waren, auch bei uns noch gut erinnern. ... 'Eine Fahne! Ein Volk! Ein Führer!' Diesen Slogan haben mehrere tausend Menschen begeistert während der Veranstaltung geschrien. Es klingt wie etwas, das wir vor gut acht Jahrzehnten schon einmal gehört haben. Und das hat damals kein gutes Ende genommen.“
Starke Verbindung zu Ankara
Erdoğans Rede in Sarajevo war ein doppelter Wahlkampfauftritt, analysiert Večernji list:
„Während serbische und bosnische Regierungen (unehrliche) Liebesschwüre nach Brüssel senden, schlagen ihre Herzen für Moskau oder Ankara. Am deutlichsten sah man dies am Sonntag beim Wahlkampfauftritt Erdoğans in Sarajevo, der die politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und alle anderen Verbindungen zu Bosnien und Herzegowina hervorhob. ... Erdoğan sandte vor allem indirekte Botschaften. Er trotzte Europa und gab zu verstehen, dass, wenn man ihm Wahlkampfauftritte in der EU verbietet, er sie trotzdem in deren Vorhof (Bosnien) abhalten kann. Die zweite unausgesprochene Botschaft war [vor der bosnischen Parlamentswahl im Oktober] die Unterstützung von Sebija Izetbegović als Kandidatin der [Partei] SDA als bosniakisches Mitglied des Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina.“