Trump versucht Schaden zu begrenzen
Nach der heftigen Kritik an Trumps Aussagen während der Pressekonferenz mit Putin ist der US-Präsident zurückgerudert: Er habe nicht sagen wollen, dass es keine russische Einflussnahme im US-Wahlkampf gegeben hat. Wird der "Versprecher von Helsinki“ zum Verhängnis für Trump und seine Partei?
Blamage wird sich im Wahlkampf rächen
Der US-Präsident ist eine Belastung vor allem für seine eigene Partei geworden, meint Gazeta Wyborcza:
„Im kollektiven Bewusstsein der Amerikaner waren russisch-amerikanische Gipfel stets Ereignisse, die die globale Rolle ihres Landes unterstrichen. Während der Pressekonferenz mit Präsident Putin, die in der ganzen Welt ausgestrahlt wurde, bewies Trump, dass er dieser Erwartung nicht gerecht werden konnte. Diese Blamage wird vor allem für die Republikaner zum Problem werden, die in den Midterm-Wahlen zum Kongress im November mit den Demokraten konkurrieren.“
Republikaner müssen Widerstand leisten
Die Republikaner sollten nun klar Stellung beziehen, mahnt Berlingske:
„Nicht überraschend haben Trumps Aussagen heftige Reaktionen hervorgerufen. Der ehemalige CIA-Direktor John Brennan fragte auf Twitter: 'Republikanische Patrioten - wo seid ihr?' Brennan hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Die republikanische Partei - und nicht nur bekannte Trump-Kritiker wie John McCain - müssen die Institutionen des Landes verteidigen und Trump bei seinem Versuch stoppen, eine parallele Realität zu schaffen. Es war zum Beispiel sehr passend, dass der Trump-Unterstützer Newt Gingrich dieses Treffen als den 'schwersten Fehler' des Präsidenten bezeichnete.“
US-Präsident punktet dank Hysterie
Die heftige Schelte für den Präsidenten wird seine Unterstützer auf den Plan rufen, prophezeit Ria Nowosti:
„Angesichts der Reaktion von Medien und Politik auf den Gipfel könnte man denken, dass ganz Amerika sich in einem gemeinsamen Aufschrei gegen den 'Verräter Trump' erhebt. Doch das ist eine Fehleinschätzung. Bei vielen Amerikanern hat die Medienhysterie Lachen und sogar Erleichterung ausgelöst: Wenn das den Wählern verhasste Establishment so empört über die Handlungen des Staatschefs ist, dann bedeutet das, dass der Präsident alles richtig macht. ... Und wenn US-Senator Lindsey Graham die Hysterie ins Absurde steigert und fordert, dass der von Putin überreichte WM-Ball auf Spionagegerätschaften überprüft werden müsse - ja dann macht er sich selbst zum Witzobjekt.“
Schon lange ein Komplize Putins
Die Unterwürfigkeit Trumps gegenüber Putin sollte eigentlich niemanden überraschen, meint The New York Times:
„Es war immer offensichtlich, dass Trump Putin die Hackerangriffe Russlands bei der Wahl 2016 nicht verübelt, weil er sie öffentlich vorantrieb und von ihnen profitierte. Niemand von uns weiß genau, wie die Beziehung Trumps zu Russland aussieht - ob nun Putin sein Anführer, sein Mitverschwörer oder einfach nur sein Held ist. Aber klar ist, dass Trump bereit ist, die US-Demokratie für seinen persönlichen Vorteil zu verraten. Schließlich forderte er am 27. Juli 2017 Russland öffentlich auf, Clintons E-Mails zu finden. Dank der Anklageschrift [gegen russische Geheimdienstler] vom Freitag wissen wir nun, dass Russland noch am selben Tag begann, die von Clintons Büro genutzte Domain zu hacken. Trumps Komplizenschaft mit Russland war immer klar ersichtlich.“
Profi gegen Amateur
Das Aufeinandertreffen von Putin und Trump hat vor allem gezeigt, wie es um deren Professionalität als Staatsmänner steht, glaubt The Irish Times:
„Während die beiden Männer Seite an Seite standen, war der Russe durch und durch ein erfahrener Politiker, ein früherer KGB-Agent, der seit 18 Jahren sein Land in autoritärem Griff hält. Mit ruhigem, kontrolliertem Ton eröffnete er die Pressekonferenz und lenkte deren Verlauf. Im Gegensatz dazu entpuppte sich Trump als der unerfahrene Amateur, der er ist. Er folgte den vom russischen Präsidenten vorgegebenen Stichworten und schwafelte sich von Tagesordnungspunkt zu Tagesordnungspunkt.“
Leichte Beute für den Kreml-Chef
Der US-Präsident hat ein erbärmliches Bild abgegeben, resümiert auch der Sicherheitsexperte Iulian Chifu in Evenimentul Zilei:
„Trump hat Eigentore geschossen, hat die Institutionen der USA, für die er als Präsident und Chef der Exekutive verantwortlich ist, ins Lächerliche gezogen und ausdrücklich sein Vertrauen, ja gar seine Bewunderung für das russische System und dessen Institutionen zum Nachteil der eigenen Geheimdienste kundgetan. ... Bei diesem Gipfeltreffen ist Amerika in die Knie gezwungen worden von seinem eigenen Präsidenten. Er steckt noch immer fest in der Wahlkampflogik und in den belasteten Beziehungen, die er und sein Team zu Putins Russland pflegten. Trump war eine leichte Beute für Putin, der sich zu keinem Zeitpunkt herausgefordert fühlte.“
Wie Trump tickt
Internationale Politik ist für Trump keine ernsthafte Sache, beobachtet Sme:
„Trump bezeichnet Russland jetzt nicht mehr als Feind, sondern als Konkurrent. Damit hat er perfekt illustriert, wie er internationale Politik begreift: als ein Spiel, einen Wettbewerb, in dem man Punkte macht, um anschließend die Ovationen des Publikums zu empfangen. Manchmal gewinnt man, mitunter verliert man. Aber im Grunde muss man nur immer die gute Laune bewahren und das Spiel genießen. Für Trump selbst mag das gelten. Er wird uns irgendwann zum Abschied zuwinken, das Weiße Haus verlassen und sich eine andere Zerstreuung suchen. Für uns, die wir übrig bleiben und keine Multimillionäre sind, kann das alles in einer Katastrophe enden.“
Wenigstens keine weitere Konfrontation
Fast erleichtert zeigt sich Lapin Kansa nach dem Gipfel von Trump und Putin:
„Der wichtigste Erfolg des Treffens dürfte wohl sein, dass sich die Weltlage dank des Treffens - wahrscheinlich - nicht verschlechtert hat. Putin und Trump gingen einvernehmlich auseinander oder zumindest schien es so. Es ist aber falsch, von einem 'Geist von Helsinki' zu sprechen, insbesondere im historischen Sinne. Der Begriff wurde während der KSZE-Verhandlungen [blockübergreifende Konferenzen zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa] vor 40 Jahren geschaffen. ... Jetzt fehlte solch ein Geist, obwohl es dafür Bedarf gegeben hätte: die Weltlage ist nämlich ähnlich angespannt.“
Treffen zweier Egoisten
Warum keine nennenswerten Ergebnisse bei dem Gipfel erzielt werden konnten, erörtert die Politologin Lilija Schewzowa in ihrem Blogbeitrag in Echo Moskwy:
„Es ist nicht nur das Fehlen von (vor allem wirtschaftlichen) Interessen, die die USA und Russland verbinden, oder der Mangel an einer gemeinsamen politischen Tagesordnung und des Gleichklangs der strategischen Ansichten. Sondern es liegt auch daran, dass beide Leader unfähig zu Kompromissen sind, die ihre Führerschaft unterminieren würden. Lässt sich Trump zu einem Deal mit Putin ein, wirft man ihm gleich Verrat der US-Interessen vor. Stimmt Putin der Aufgabe einer Position zu, verliert er sein Gesicht und die Aura des Terminators, die er sich so mühsam erschaffen hat.“
Europa nur politisches Leichtgewicht
Das Treffen zwischen Trump und Putin hat nach Meinung von Právo die wachsende Verletzlichkeit Europas gezeigt:
„Trump hat in Helsinki bewiesen, dass er lieber mit Schwergewichten der internationalen Politik redet. Zu denen gehört neben Russland sicher noch China. Europa nicht. Damit es das wird, muss es sich mehr auf das Tempo und das Maß der Integration einigen, einen Konsens in der Migrationsfrage und bei der gemeinsamen Verteidigung und Sicherheit erzielen. Und sich paradoxerweise mehr von den USA emanzipieren. ... Die Verletzlichkeit Europas wächst, es kann über Europa ohne Europa entschieden werden. Das belegte Trumps 'europäische Woche' mit Helsinki als Schlusspunkt eindeutig.“