Gebietstausch zwischen Serbien und Kosovo?
Um den eingefrorenen Kosovo-Konflikt zu lösen, diskutieren die Regierungen Serbiens und des Kosovo, die Grenze zwischen beiden Ländern neu zu ziehen. Serbisch besiedelte Gebiete im Norden des Kosovo könnten mit Gemeinden in Südserbien getauscht werden, die mehrheitlich von Albanern bewohnt werden. Doch was würde das für andere Grenzkonflikte bedeuten?
Da wäre auch noch die Krim
Wenn die USA und die EU dem Grenztausch zwischen Serbien und Kosovo zustimmen, wird das weitreichende Konsequenzen haben, prognostiziert die prorussische Tageszeitung Duma:
„Sie werden etwaige weitere Grenzverschiebungen auf dem Westbalkan akzeptieren müssen, wenn sie sich nicht Doppelmoral vorwerfen lassen wollen. Sie werden auch Grenzänderungen außerhalb des Balkans anerkennen müssen, so etwa zwischen Russland und der Ukraine nach der Annexion der Krim. Und eines Tages werden sie auch einen möglichen Beitritt der Volksrepubliken Donezk und Luhansk zur Russischen Föderation billigen müssen.“
Grenzen müssen unantastbar bleiben
Ein Gebietstausch zwischen Serbien und Kosovo könnte anderswo das Bestreben nach Grenzveränderungen befeuern, warnt auch Delo:
„Das Löschen eines Brandherds könnte einen neuen entfachen. Bosnien und Herzegowina würde diese Folgen am stärksten zu spüren bekommen. Die politische Führung der Republika Srpska hat mit ihrer harten serbischen Linie nie die Pläne für eine Vereinigung mit Serbien begraben. Die Kroaten in Herzegowina könnten es kaum abwarten, sich Kroatien anzuschließen. Auch Mazedonien und Montenegro sind multiethnische Staaten. Die Unantastbarkeit von Grenzen gehört zu den wichtigsten Kostbarkeiten des europäischen Rechts. Ihre Veränderung nach ethnischen Prinzipien könnte einen Dominoeffekt auslösen.“
Serbien muss Zukunft ohne Kosovo aufbauen
Serbien sollte einsehen, dass der Kosovo verloren ist, findet die linke Tageszeitung Danas:
„Wir stehen vor der Frage, ob wir das 'Hindernis Kosovo' auf dem langen Weg Richtung Europa entfernen wollen oder ob wir letztlich anhalten müssen. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. ... Den Bürgern muss klar gemacht werden, was alles in Gefahr ist, sollte dieses Hindernis auf unserem Weg in die EU und in Richtung Westen bestehen bleiben. Serbien würde wirtschaftlich und demokratisch darunter leiden. Opfer des Chaos, der Hoffnungslosigkeit und des Untergangs von Staat und Nation wären auch die Serben des Kosovo. ... Serbien ist in großen Schwierigkeiten, aber Serbien lebt, auch ohne den verlorenen Kosovo.“
Bosnien und Mazedonien könnten folgen
Eine Veränderung der Grenzen zwischen Serbien und dem Kosovo könnte die Büchse der Pandora öffnen, meint Delo:
„Experten warnen vor der Gefahr, dass im Fall eines Gebietsaustauschs zwei ethnisch saubere Staaten entstehen. ... Es handelt sich um ein Spiel mit dem Feuer, das unvorhersehbare Folgen für Bosnien und Herzegowina und Mazedonien haben könnte. Das pyromanische Projekt könnte eine Kettenreaktion mit Blick auf Serben und Kroaten in Bosnien, oder auf Albaner in Mazedonien auslösen, die ebenfalls eine Korrektur der Grenzen verlangen könnten. Die Gegner des Gebietsaustauschs warnen, dass die Region in die 1990er Jahre zurückkehren könnte, die von Blutvergießen geprägt waren.“
Es droht ein verheerender Dominoeffekt
Die Grenzverschiebung zwischen Serbien und Kosovo könnte zu einem gefährlichen Präzedenzfall werden, warnt Evenimentul Zilei:
„Diskussionen über einen Gebietsaustausch nach ethnischen Kriterien bergen vor allem auf dem Balkan große Risiken. Gerade vor dem symbolischen Hintergrund, wie dort einst der Erste Weltkrieg durch das Attentat in Sarajevo ausgelöst wurde. Ein Gebietsaustausch könnte einen Dominoeffekt auslösen, mit Forderungen nach anderen Grenzverschiebungen in Europa. Das könnte schnell zum Auslöser eines Kriegs in der Region werden. Ist erst einmal die Walze in Gang, kommen alle historischen Frustrationen der Vergangenheit wieder hoch.“
Kosovos Präsident auf dem Holzweg
Welche Probleme sich der kosovarische Präsident mit den Verhandlungen einhandelt, erklärt Der Standard:
„Im Kosovo selbst gibt es viel Widerstand gegen den Deal. Denn die meisten Serben leben im Süden. Sie fürchten, dass sie nach der Teilung noch mehr von Belgrad abgeschnitten sein werden und vermehrt dem Druck der albanischen Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt sind. Deshalb ist auch die orthodoxe Kirche gegen Vučićs Deal. Besonders verärgert sind viele Kosovaren darüber, dass die Demokratie mit Füßen getreten wird und Thaçi allein agiert. Zudem wäre es naiv zu glauben, dass er wegen seiner Kriegsvergangenheit nicht erpressbar wäre.“