Kavanaugh-Ernennung: Sieg der Republikaner?
Mit knapper Mehrheit von 50 zu 48 Stimmen hat der US-Senat für die Ernennung von Brett Kavanaugh zum Richter des Supreme Courts gestimmt. Er wurde umgehend auf Lebenszeit vereidigt. Viele Kommentatoren sehen darin einen Sieg der Republikaner. Andere meinen hingegen, dass die Demokraten dennoch nicht verloren haben.
Sexismus setzt sich durch
Trump hat einen bedeutenden Sieg errungen, klagt Le Temps:
„Der US-Präsident hat seinen Sexismus nicht stumm geschaltet, wie es sein Amt im Interesse eines möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens vorsieht. Ganz im Gegenteil: Donald Trump setzt immer stärker auf Angriffe gegen Frauen, die sich für Gleichheit zwischen den Geschlechtern einsetzen, sowie auf die Verteidigung des weißen Mannes, den er gern als Opfer darstellt. Und leider funktioniert das. Die umstrittene Ernennung von Brett Kavanaugh - der für seine moralische Rückwärtsgewandtheit bekannt ist - ist ein Sieg für den Präsidenten. Kurz vor den Midterm-Wahlen kann Trump damit beim harten Kern seiner Anhängerschaft sowie bei den Evangelikalen punkten.“
Vereint gegen die "Hexenjagd"
Die Republikaner haben mit der Vereidigung Kavanaughs der MeToo-Kampagne und den Demokraten einen Schlag verpasst, glaubt De Morgen:
„Der Widerstand gegen die in konservativen Augen übertriebenen MeToo-Beschuldigungen ist zum Totempfahl geworden, um den sich die republikanische Partei nun vereinigt - mehr als zu jedem anderen Moment in den zwei Jahren seit Trumps Wahl. ... Ein Hexenjagd-Gefühl haben nicht nur die Männer. Auch viele Frauen finden, dass Männer zu leicht falsch beschuldigt werden können. ... Jetzt stellt sich die Frage, wohin der polarisierte Fanatismus führen wird. Die erwartete demokratische Welle, die [mit der Zwischenwahl] über das Repräsentantenhaus schwappen sollte, könnte kleiner ausfallen.“
Beste Werbung für die Demokraten
Ein Sieg für die Republikaner, aber keine Niederlage für die Demokraten, resümiert hingegen die taz:
„Die DemokratInnen haben die Gelegenheit genutzt, um ihr eigenes Profil zu schärfen. … Gemeinsam mit Tausenden von Frauen, die quer durch das Land gegen Kavanaughs Bestätigung demonstrierten, haben sie es geschafft, die Makel des Richters bloßzulegen und zugleich das Wesen eines alten, weißen, männerbeherrschten Regimes aufzuzeigen, das die Zukunft vernageln will. Einen Monat vor den Wahlen zum US-Repräsentantenhaus, bei denen die politischen Karten vom US-Kongress über die GouverneurInnen bis hin zu den Legislativen in den meisten Bundesstaaten neu gemischt werden, hat Trump seinen Richter bekommen. Aber die DemokratInnen hatten die denkbar beste Bühne.“
In den USA ist jeder gegen jeden
Die Debatte um Kavanaugh hat die Spaltung der USA weiter vorangetrieben, findet Phileleftheros:
„Die Kluft ist tief und es geht nicht nur um die beiden Parteien, die in den letzten Jahren ohne Rücksicht auf die Folgen gegeneinander gekämpft haben. Jeder ist gegen jeden. Männer gegen Frauen, Weiße gegen Minderheiten, Ältere gegen Jüngere, Reiche gegen Arme. In den sozialen Netzwerken und auf den Straßen stehen die Amerikaner sich gegenüber. … Die beiden Parteien und insbesondere die Republikaner sind nicht bereit, Schritte zu unternehmen, um die Gesellschaft zu versöhnen und zu vereinen. Warum sollten sie es auch tun, wenn sie genau wissen, dass die Polarisierung in ihrem Interesse liegt? Die politische Spaltung ist ein Instrument, das die Wähler in die Wahllokale treibt.“