Was bedeutet der Fehlstart der Sojus-Rakete?
Die Kapsel einer Sojus-Rakete auf dem Weg zur internationalen Raumstation ISS ist am Donnerstag kurz nach deren Start wegen technischer Probleme zur Erde zurückgekehrt. Die beiden Astronauten aus Russland und den USA landeten sicher. Für einige Kommentatoren reiht sich die Notlandung ein in eine Serie russischer Pannen. Für andere ist sie ein Zeichen der Überlegenheit russischer Raumfahrttechnologie.
Den Russen will einfach nichts mehr gelingen
Der Fehlstart der Sojus-Rakete ist für Nowoje Wremja ein Symbol für den allgemeinen Verfall Russlands:
„Wenn die Breschnew-Zeit mit dem Wort 'Stillstand' bezeichnet wird, dann wird die jetzige Epoche Zeit des 'Putin'schen Verfalls' genannt werden. Alles zerbricht, explodiert, fällt auseinander, geht unter und es geht einfach nichts von der Hand. Das ganze Land hat bereits verlernt, irgendetwas normal zu machen. Lebendiges Symbol dieser Erscheinung könnte der Chef von [der russischen Weltraumorganisation] Roskosmos, Dmitri Rogosin, sein - ein selbstverliebter Dummkopf, der nur in der Lage ist, den Nachbarn zu drohen, zu lügen und zu stehlen. Nicht verwunderlich, dass Putin eben diesen zum Chef von Roskosmos ernannte.“
Die Sojus ist perfekt, auch wenn sie versagt
Die oppositionelle Tageszeitung Nowaja Gazeta sieht im funktionierenden Notfallsystem hingegen ein Argument für die russische Technik:
„Die Sojus-Rakete ist wieder einmal ihrem Ruf gerecht geworden: Sie ist faktisch ideal, um Menschen ins All zu bringen. Bemannte Raketen unterscheiden sich von Frachttransportern durch ihre Verlässlichkeit von 99 Prozent, für die vieles geopfert werden muss: günstige Kosten, Frachtkapazität und Experimente mit moderner Technologie. Die Havarie eines Frachters führt lediglich zu einer Korrektur der Startzeitpläne und später zu Versicherungszahlungen. Doch ein bemannter Start erfordert etwas ganz anderes. Das Leben der Raumfahrer steht immer und überall an erster Stelle. Das eine Prozent an Havarien bei bemannten Flügen muss mit der Rettung der Crew enden. Die Rettungssysteme müssen in jeder Situation verlässlich arbeiten. Das war der Hauptmangel des Space-Shuttle-Systems.“
Schnelle Aufklärung statt Verschwörungstheorien
Dass die Ursachen für den Fehlstart schnell aufgeklärt werden können, hofft Die Welt:
„[Die USA] sind auf Russland und die Sojus-Raketen angewiesen. Ebenso die Europäer, deren Astronauten ebenfalls nur per Sojus zur ISS gelangen können. Trotz wachsender Spannungen zwischen den USA und Russland bei diversen irdischen Angelegenheiten funktionierte die Zusammenarbeit in der Raumfahrt bislang immer recht harmonisch. … Eine schnelle Aufklärung der jüngsten Panne ist nicht nur wichtig, um möglichst bald wieder Routineflüge zur ISS aufnehmen zu können. Es wäre auch für das russisch-amerikanische Verhältnis hilfreich, wenn sich ein technischer Grund identifizieren und dieser künftig vermeiden ließe. Sonst ist die Gefahr groß, dass wir von der einen oder anderen Verschwörungstheorie zum Fehlstart hören werden.“
Weckruf für die USA
Polityka glaubt, dass die Notlandung der Sojus-Rakete die USA von der Wiederaufnahme eigener bemannter Raumfahrtprogramme überzeugen wird:
„Seit sieben Jahren sind die Amerikaner zur Zusammenarbeit mit den Russen verurteilt. Nach dem Ende der Ära der Space Shuttles besitzen sie einfach nicht mehr die Möglichkeit, bemannte Flüge zu einer internationalen Raumstation durchzuführen. ... Es besteht kein Zweifel daran, dass die Katastrophe, die auf wundersame Weise vermieden wurde, einen Impuls dafür geben wird, dass sich die Vereinigten Staaten nun verstärkt darum bemühen werden, aus eigener Kraft in den Orbit zurückzukehren. Auch wenn Donald Trump es noch nicht getweetet hat, es wäre für ihn doch ein ideales Thema, um Amerika im All 'wieder groß zu machen'.“