Trump plant Ausstieg aus Atomwaffenvertrag
US-Präsident Trump will das INF-Abkommen aufkündigen. Der Vertrag zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion schrieb 1987 den Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen fest. Er galt als Meilenstein auf dem Weg zur Beendigung des Kalten Krieges. Moskau und Washington werfen sich gegenseitig vor, ihn gebrochen zu haben. Droht ein neues atomares Wettrüsten?
Wie viele Weckrufe braucht Europa noch?
Die mögliche Aufkündigung des INF-Vertrages zeigt einmal mehr die Verletzlichkeit Europas, meint Pravda:
„Der Ausstieg aus dem Vertrag könnte auf lange Sicht die Sicherheitslage Europas verschlechtern. Nicht, weil Putin seine Mittelstreckenraketen direkt auf europäische Ziele richten möchte. Aber weil ihm - sollte er eines Tages so entscheiden - dabei nichts im Wege stünde. Weder Europa noch die Nato sind INF-Vertragspartner. Ein 'Weiter so' der Europäer, wie im Fall des von den USA aufgekündigten Atomdeals mit Iran, wäre nicht möglich. Die EU ist auch nicht stark genug, anstelle der USA einen ähnlichen Vertrag mit Russland auszuhandeln. ... Das ist ein weiterer Weckruf (der wievielte eigentlich?) für Europa. Wenn es keine eigenen Ambitionen hat, Co-Architekt der Weltordnung zu werden, wird es zum Opfer eines Chaos, das andere angerichtet haben.“
Internationale Kontrollen wären sinnvoller
Den Abrüstungsvertrag einfach aufzukündigen, ist keine Lösung, klagt The Independent:
„Es mag schon stimmen, dass die Russen gemogelt und heimlich neue Nuklearraketen entwickelt haben, wie Präsident Trump das behauptet. Doch die richtige Antwort darauf wäre gewesen, das öffentlich anzuprangern, ordentliche internationale Inspektionen zu fordern und Schritt für Schritt mit größeren Drohungen zu reagieren. Die Briten sollten mäßigend auf die US-Amerikaner einwirken anstatt diesen 'entschieden' beizustehen, wie es Verteidigungsminister Gavin Williamson formulierte. Wenn Russland gezwungen ist, Kontrollen zuzulassen, dann sollte versucht werden, diese mit harter Diplomatie zu ermöglichen - statt einfach aus dem Abkommen auszutreten.“
Kündigung passt Putin in den Kram
Der Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag käme Russland gar nicht so ungelegen, meint Wedomosti:
„Der INF-Vertrag ist ohnehin schon lange tot - er ist ein Relikt des Kalten Kriegs, das der heutigen Sachlage nicht gerecht wird. Aber Moskau war es wichtig, dass er von den Amerikanern beerdigt wird. ... Die Bereitschaft, von Vereinbarungen zurückzutreten, welche die Welt seinerzeit von der Gefahr eines globalen Kriegs befreiten, wirkt umso bedrohlicher als dass sich die Beziehungen zwischen den USA und Russland erneut verschlechtert haben. Hinzu kommen die Impulsivität Trumps und die flotten Erklärungen Putins, wonach die Russen zum 'Märtyrertod' bereit seien. Dass nun auf die Zerstörung anstatt auf die Anpassung der globalen Sicherheitsarchitektur gesetzt wird, ist höchst bedenklich.“
Es geht ums Geschäft
Dass die Rüstungsspirale nicht mehr zu stoppen ist, fürchtet Denik:
„Die gegenseitigen Beschuldigungen der Großmächte, Abrüstungsverträge nicht einzuhalten, tragen Früchte: ein neues Wettrüsten. Man wartet nur darauf, vor allem Waffen solcher Art zu fertigen, die in der Vergangenheit verboten waren. Etwa Mittel- und Kurzstreckenraketen. Viel versprechen sich die Rüstungskonzerne auch von einer Nichtverlängerung des Start-Abkommens [Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen]. Begründet wird die Aufrüstung stets mit der Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit. Produziert wird aber vor allem für den Export. Raketen ohne Nuklearsprengköpfe haben ein großes Handelspotential. Und mit der Entwicklung von Angriffssystemen steigt das Interesse an Raketenabwehrsystemen. Selbstverständlich alles für den Frieden.“
Trump droht mal wieder nur
Trumps Drohung sollte nicht so ernst genommen werden, beruhigt Público:
„Wie wir bereits mehrmals gesehen haben, verfliegen viele von Trumps unzähligen Drohungen schnell wieder: die Zeit, das internationale Kräftegleichgewicht und die Gegner innerhalb der US-Administration sorgen dafür, dass viele seiner Drohungen leer bleiben. ... Seine Drohungen jedoch komplett zu ignorieren, wäre ein Fehler - denn diese werden in Teilen der US-Gesellschaft toleriert und sogar begrüßt. ... Das Aufkündigen von Verträgen, um in neue Raketen investieren zu können, ist eine Ermutigung für ein neues weltweites Wettrüsten, das bereits begonnen hat. Und wir wissen aus der jüngsten Geschichte, wie dieser Wahnsinn beginnt - und wie dieser endet.“