Soll Schottland unabhängig werden?
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon strebt für 2021 ein zweites Referendum über Schottlands Loslösung von Großbritannien an. 2014 hatten 55 Prozent der Bürger gegen die Unabhängigkeit gestimmt. Doch der Brexit, den die Schotten mehrheitlich ablehnten, hat die Vorzeichen verändert, analysieren Kommentatoren.
Schotten müssen eine ihrer Identitäten aufgeben
Schottland hat gute Gründe, sich von Großbritannien abzuwenden, erkennt Financial Times:
„Bleibt Schottland bei England, reißt es sich damit aus Europa. Will es seine starke Beziehung mit dem Rest Europas aufrechterhalten, muss es das Vereinigte Königreich verlassen. Auf Wunsch der [EU-kritischen] englischen Tories wurde den Schotten gesagt, sie müssten eine der Identitäten aufgeben. Sie können nicht länger gleichzeitig Schotten, Briten und Europäer sein. Sowohl psychologisch als auch praktisch ist es leicht nachvollziehbar, warum viele derjenigen, die 2014 gegen die Unabhängigkeit gestimmt hatten, nun ihre Meinung ändern könnten. ... Den Schotten droht die Aussicht, an einen Partner gefesselt zu sein, der sich politisch sowohl nach rechts als auch nach innen gewandt hat.“
Eigenwillige Regionen gewinnen an Gewicht
Die Zersplitterung des politischen Spektrums fördert europaweit den Einfluss separatistischer Bewegungen, analysiert The Guardian:
„Früher oder später wird Schottland eine Form von Unabhängigkeit erlangen - und sei es nur deshalb, weil der Trend im überzentralisierten Europa in Richtung Regionalisierung und Teilung geht. In jedem einzelnen Staat - Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien und nun auch Spanien - zerfallen die großen politischen Familien der Nachkriegszeit. ... Dafür wird das Gefühl der Verbundenheit innerhalb von Minderheiten wieder größer, meist an den extremen Enden des politischen Spektrums. Das zerstört den Zusammenhalt und die Disziplin innerhalb von Parteiregierungen. Daher müssen überall Koalitionen ausgehandelt werden, die dazu tendieren, eigenwilligen Provinzen überproportionalen Einfluss zu geben - siehe Nordirland und Katalonien.“