Macrons Partei entdeckt den Umweltschutz
Die Liste der Macron-Partei La République en Marche stellt am heutigen Donnerstag ihr Programm zur EU-Wahl vor. Im Gegensatz zur Regierungspolitik wird der Umweltschutz dabei deutlich ins Zentrum gerückt. Auch beim Thema Zuwanderung fallen die Positionen weniger hart aus als Macrons bisherige Linie. Kommentatoren sind skeptisch, ob der Richtungswechsel glaubwürdig ist.
Startschuss zur Aufholjagd
Wie der Sinneswandel der Partei Macrons zu erklären ist, erläutert Le Figaro:
„Da [der konservative Spitzenkandidat] François-Xavier Bellamy Stück für Stück die Wählerbasis der Rechten zurückerobert, wissen die Freunde des Präsidenten, dass sie beim Thema Grenzen nicht die Überzeugendsten sind. Dass auch [der grüne Spitzenkandidat] Yannick Jadot sich den zehn Prozent nähert, macht ihnen klar, wie gefragt der Umweltschutz ist, insbesondere bei den Jüngeren, die in der Wählerschaft von LREM unterrepräsentiert sind (nur neun Prozent der 18- bis 24-Jährigen). ... Diese Hartnäckigkeit zum Ende des Europawahlkampfs hat den Anschein einer Aufholjagd. Mit dieser Offensive, die sich an eine jüngere, linkere und weltoffenere Wählerschaft richtet, wollen die Macronisten die Spitzenposition zurückerlangen, die ihnen die [rechtsextreme] RN-Liste von Jordan Bardella derzeit streitig macht.“
Kalkül oder Überzeugung?
Dass Frankreichs Präsident sich und seiner Partei so kurzfristig einen grünen Anstrich verpasst, findet Libération nicht überzeugend:
„Handelt es sich um ein gewiss zu spät vorgenommenes, aber ernstgemeintes Bekenntnis zum Umweltschutz oder um sprachliche Elemente, die einen Pragmatismus verraten, der mehr auf Kalkül denn auf politischer Überzeugung basiert? So kurz vor der Wahl sind Zweifel an der Aufrichtigkeit des Präsidenten erlaubt. Seit mehreren Monaten hat sich der Umweltschutz als eines der Themen herauskristallisiert, mit denen man am 26. Mai absahnen kann. ... Nehmen wir also an, Emmanuel Macron bringt nunmehr Liberalismus und Umweltschutz unter einen Hut. Überzeugen muss er abgesehen von Absichten und Ankündigungen vor allem durch konkretes Handeln.“