Warum platzt Fusion von Fiat Chrysler und Renault?
Mit einem Fusionsangebot an Renault wollte Fiat Chrysler zum drittgrößten Automobilhersteller aufsteigen. Doch aus dem Plan wurde nichts. Der italienische Autobauer zog sein Angebot zurück, nachdem die französische Regierung - der Staat hält Anteile an Renault - Jobgarantien verlangt hatte. Genau da, im Spannungsverhältnis zwischen Staat und Markt, sehen Kommentatoren die Gründe für das Scheitern.
Ein zu ungleiches Paar
Private und staatliche Anteilseigner passen einfach nicht zusammen, unterstreicht L'Opinion:
„Was für ein Schlamassel und was für eine brillante Vorführung, wie unmöglich es ist, die Anforderungen eines Staats und die Erwartungen eines privaten Aktionärs am Tisch eines Verwaltungsrats in Einklang zu bringen. Ihre Verpflichtungen decken sich nicht: Auf der einen Seite stehen politische Zwänge, auf der anderen finanzielle. Ihre Investitionszyklen sind nicht identisch: unbeständig auf der einen Seite, durchgeplant auf der anderen. Ihr Handlungsspielraum, ihre finanziellen Möglichkeiten, ihre sozialen Ansprüche, ihre Suche nach Partnerschaften - alles unterscheidet sie voneinander. Und dennoch glaubt sich der Staat dort, wo er sitzt, weiterhin unübertrefflich. Das stimmt zwar, aber unumgänglich ist er nicht.“
Suche nach Kompromiss zwischen Markt und Mensch
Das Unternehmen Fiat Chrysler steht im Namen seines verstorbenen Chefs, Sergio Marchionne, für aggressive Globalisierung, während Renault der Colbertsche Merkantilismus heilig ist, bemerkt Ökonom Mario Deaglio in La Stampa:
„Wie können Marchionne und Colbert miteinander in Einklang gebracht werden? Wie die Interessen der Arbeitnehmer mit den Realitäten des Marktes? Es ist eine grundlegende Frage, bei der niemand völlig Recht hat und niemand völlig Unrecht. Wir müssen einen richtigen 'Mix' finden, der Technologie und Geopolitik Rechnung trägt. Heute ist es absurd, von 'nationalen Marktführern' in der Weltwirtschaft zu sprechen, ebenso wie es absurd ist, menschliche Interessen nicht zu berücksichtigen und nur die Kosten für Roboter und Marktanteile zu berechnen. Kompromisse in diesem Bereich zu finden, ist eine grundlegende Aufgabe von Politikern.“
Widersprüchliches Frankreich
Angesichts von Frankreichs Verhalten kann L'Echo nur den Kopf schütteln:
„Von außen betrachtet wirkt der Vorfall wie ein schöner Schlamassel. Die Fusion hätte einen europäischen Giganten, den drittgrößten [Automobil-]Konzern der Welt hervorbringen können, der gegenüber China und den USA fähig gewesen wäre, seine finanzielle Unabhängigkeit bei Elektrobatterien und selbstgesteuerten Fahrzeugen sicherzustellen. Anders gesagt: ein europäisches Industrieprojekt, das zukunftsorientiert ist. Alles, was ein gespaltener Kontinent braucht. Pikant, dass heute noch die empörten Schreie aus Paris zu hören sind über das Veto der EU-Kommission gegen die Fusion des französischen Alstom-Konzerns und des deutschen Industrieriesen Siemens. Und dass dasselbe Frankreich vor einer Operation mindestens ebenso großen Ausmaßes aus Gründen zurückschreckt, die der (industriellen) Vernunft unbekannt sind.“