New York Times verbannt die politische Karikatur
Die New York Times veröffentlicht in ihrer internationalen Ausgabe ab Juli keine politischen Karikaturen mehr. Hintergrund ist offenbar, dass die Zeitung mit einem Sturm der Entrüstung konfrontiert wurde, nachdem sie im April eine von Kritikern als antisemitisch empfundene Karikatur von Trump und Netanjahu publiziert hatte. Kommentatoren halten die Entscheidung für gefährlich.
Selbstzensur statt Selbstbewusstsein
Für De Standaard ist die Entscheidung der New York Times feige:
„Vor gut zehn Jahren verursachten die Mohammed-Karikaturen ziemlichen Wirbel, vor vier Jahren rückte der Anschlag auf Charlie Hebdo dessen zugegebenermaßen manchmal geschmacklose Karikaturen in den Fokus. Damals waren wir alle Charlie. Was niemand für möglich hielt, geschieht nun offenbar. Ein wichtiger Fackelträger der freien Medien beugt sich der Kritik. Statt sich zu verteidigen, arrangiert sich die Zeitung mit Selbstzensur. ... Die Meinungsfreiheit bleibt das wichtigste Gut in einer demokratischen Gesellschaft. Es bedeutet, dass wir konfrontiert werden mit Meinungen und Interpretationen, die uns nicht gefallen, die sogar kränkend sein können.“
Demokratie braucht Humor wie Luft zum Atmen
Karikaturisten spielen eine wichtige Rolle im Kampf für Demokratie und Freiheit, mahnt auch The Guardian:
„Karikaturen können schockieren und Leute vor den Kopf stoßen. Das ist letztlich ihr Zweck, sie sind eine Art schwarze, mitfühlende Magie, die sich als Scherz ausgibt. Deshalb sitzt der türkische Karikaturist Musa Kart hinter Gittern. Deshalb drohten dem malaysischen Karikaturisten Zunar 43 Jahre Gefängnis wegen Aufwiegelung - bis es im vergangenen Jahr einen Regimewechsel gab. Das ist auch der Grund, warum fünf Karikaturisten im Januar 2015 in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo ermordet wurden und warum Dutzende britische Karikaturisten, darunter William Heath Robinson, auf Todeslisten der Gestapo standen.“