Eurozone erhält eigenes Budget
Die Euro-Finanzminister haben sich auf Kernpunkte eines künftigen gemeinsamen Haushalts der Eurozone geeinigt. Der Kompromiss unterscheidet sich allerdings kaum von allgemeinen Beschlüssen, die die Eurogruppe bereits Ende vergangenen Jahres getroffen hatte. Finanzierung des Budgets und Umfang bleiben weiter offen. Kann diese Reform die Währungsunion stabilisieren?
Überflüssiger Topf
Die vereinbarten Rahmenbedingungen für das Eurozonen-Budget sind fragwürdig, analysiert die Neue Zürcher Zeitung:
„Präzisiert haben die Minister den Zweck des gemeinsamen Budgets für den Euro-Raum. Es soll Euro-Staaten sowie - auf freiwilliger Basis - Kandidaten für den Beitritt zur Euro-Zone offenstehen und diese mit Subventionen bei der Umsetzung von Strukturreformen und bei Investitionen unterstützen. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Konvergenz dieser Staaten. Nun sind die erheblichen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern der Währungsunion bezüglich Wohlstand und Wettbewerbskraft tatsächlich eine Quelle von Spannungen. Doch zur Unterstützung der Aufholjagd ärmerer Staaten und Regionen nicht nur im Euro-Raum, sondern in der ganzen EU, gibt es im Rahmen der Kohäsionspolitik bereits fett dotierte Geldtöpfe.“
Budget ohne Geld
Das Ergebnis ist äußerst mager, kommentiert EU-Korrespondent Eric Bonse auf dem taz-Blog:
„Es beschränkt sich auf ein 'Term Sheet', das ein paar Grundsätze festlegt. Das Budget soll demnach nicht mehr zur Stabilisierung der Eurozone dienen, wie ursprünglich geplant. Vielmehr geht es nun um Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz - also um neoliberale Reformen. ... Völlig absurd wird es aber, wenn es um die Finanzierung geht. Denn die ist immer noch nicht gesichert. Die Niederlande und andere Mitglieder der 'Hanseatischen Liga' wollen verhindern, dass zu viel Geld in das neue Budget fließt - und blockieren deshalb jede Einigung. Und so bekommen wir nun ein Eurozonen-Budget ohne Geld, das - wenn überhaupt - ein Anhängsel des siebenjährigen EU-Rahmenbudgets sein wird, das wiederum erst unter deutschem EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2020 beschlossen werden dürfte. Also in Berlin.“
Keine makroökonomische Bedeutung
Wenig euphorisch zeigt sich hinsichtlich des neuen Budgets auch Ökonom Rémi Bourgeot im Interview mit Atlantico:
„Es ist schwierig, in der Ankündigung etwas Neues zu entdecken. Der [jetzt kommunizierte] bescheidene Betrag könnte zudem zu einer gewissen Verlegenheit führen. Natürlich kann man sich vorstellen, dass die 17 Milliarden, von denen zum Teil die Rede ist, doch noch aufgestockt werden. Vielleicht auf das Doppelte. Man sollte sich jedoch klar machen, dass diese Summe für die Eurozone keine makroökonomische Bedeutung hat.“
Gute Nachricht für schwächste Länder
Dass die EU offenbar auch ohne akuten Druck handlungsfähig ist, findet El País bemerkenswert:
„Entgegen aller schlechten Prognosen ist Europa in der Lage voranzuschreiten, auch wenn es nur in kleinen Schritten ist. Die EU zeigt, dass sie Entscheidungen treffen und Projekte entwerfen kann, bevor man bereits mit einem Bein über dem Abgrund steht. ... Sobald es in Kraft tritt, soll das Eurozonenbudget dazu beitragen, die Auswirkungen der nächsten großen Krise zu lindern, die früher oder später kommen wird. Auch wenn die Umsetzung noch eine Weile dauert und der Umfang zunächst wohl eher bescheiden ausfällt, wird dieses neue Instrument vor allem den Ländern zugute kommen, die am verwundbarsten sind.“