Rechtsaußen-Bündnis: Was wurde aus Salvinis Plan?
Im Europaparlament hat sich vergangene Woche die rechtspopulistische Fraktion Identität und Demokratie (ID) gegründet. Unter Führung des italienischen Lega-Politikers Marco Zanni kommt die Gruppe auf 73 von 751 Sitzen. Mit der im Wahlkampf von Lega-Chef Salvini angekündigten großen Fusion der anti-europäischen Kräfte hat das neue Bündnis Kommentatoren zufolge aber wenig zu tun.
Populisten werden an sich selbst scheitern
Die inhaltlichen Risse dürften schon bald zum Vorschein kommen, prognostiziert der Deutschlandfunk:
„[D]er heute beschworene Fraktionskonsens, man wolle Nationalstaaten in ihrer Souveränität vor dem Arm Brüssels schützen, ein sogenanntes 'Europa der Vaterländer' schaffen, [ist] ein Kartenhaus, das schnell zusammenbricht. Das 'Europa der Vaterländer' findet unter anderem seine Grenzen dort, wo die Nationalstaaten Kompromisse finden müssen, etwa bei den begehrten Agrarsubventionen, beim Eurozonenbudget oder wenn in Krisenzeiten gemeinsame Absprachen getroffen werden müssen. ... Als Schrei-Bude eignet sich das Arbeitsparlament in Brüssel und Straßburg nicht. Europa weiterzuentwickeln, wird bedeuten, vor allem auch mal für etwas zu sein. Aus dieser Fraktion wird wenig dazu zu hören sein.“
Warum PiS und Fidesz nicht mit an Bord sind
Weshalb die EU-kritischen Kräfte in Osteuropa Salvinis Offerten letztlich ausgeschlagen haben, erklärt Cristian Unteanu auf seinem Blog bei Adevărul:
„Die erste Ablehnung kam von der polnischen PiS, die sehr auf die Beziehungen Salvinis und Le Pens zu Russland achtete und die eh schon komplizierten Beziehungen mit den europäischen Institutionen nicht noch mehr verkomplizieren wollte. ... Dieselbe politische Zurückhaltung kam von der Fidesz-Partei, die ein doppeltes Spiel spielte: Nachdem sie den Skandal mit ihren EVP-Kollegen auf die Spitze getrieben und sich damit selbst suspendiert hat, erklärt die Partei jetzt, dass sie die Gruppe nicht verlassen werde. Sie könne nicht dafür beschuldigt werden, extrem rechtsnationalistische und populistische Positionen zu vertreten, wo doch alle Welt sehen könne, dass man sich nicht der Gruppe von Salvinis Partei angeschlossen habe.“
Salvini hatte sich mehr erhofft
Auf wen die rechtspopulistische Fraktion jenseits der Osteuropäer noch ihre Hoffnungen setzt, erklärt Kolumnist Stefano Folli in La Repubblica:
„Die Brexit Partei von Farage wird immer noch von der Lega umworben, die die Hoffnung nicht verloren hat, sie unter der neuen Losung 'Identität und Demokratie' willkommen zu heißen. ... Derzeit sind die Nationalisten unter der Führung von [Lega-Politiker] Marco Zanni mit 73 Vertretern (hauptsächlich Italiener und Franzosen) die fünftgrößte Gruppe. Nur wenn die 29 Abgeordneten von Farage hinzukämen, würde die Schwelle von hundert Mitgliedern überschritten. ... Salvinis Traum war eigentlich ehrgeiziger (etwa 150 Parlamentarier), dennoch hat die Gruppe ihre eigene Konsistenz und ein präzises Merkmal: Sie will eine Mine auf dem Weg der neuen, noch zu bildenden Mehrheit werden.“