Wie kann Streit um Zyperns Gas entschärft werden?
Im Gas-Streit hat der Führer der Zyperntürken Mustafa Akıncı den Vorschlag gemacht, ein gemeinsames Komitee einzurichten, das die Bohrungen überwacht und die Erträge an beide Gruppen auf der geteilten Insel verteilt. Zuvor hatte die EU wegen türkischer Bohrungen in zyprischen Gewässern Sanktionen gegen Ankara beschlossen. Nikosia sollte sich den Vorschlag genau anschauen, meinen Kommentatoren.
Ein Vorschlag, der aus der Sackgasse führt
Zyperns Regierung sollte den Vorschlag des Politikers aus dem Norden der Insel nicht einfach ablehnen, fordert Alitheia:
„Akıncı machte einen Vorschlag zur Verwaltung von Kohlenwasserstoffen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern. Es ist wichtig, was, wie und warum er es vorschlägt, aber wichtiger ist für uns, wer dies vorschlägt. ... Der Vorschlag von Akıncı könnte ein Vorschlag sein, der von uns Zyperngriechen stammt, um die türkischen Argumente zu widerlegen, um eine Lösung des Zypernproblems zu erleichtern und um uns aus der Sackgasse herauszubringen, in der wir festsitzen. Die Regierung, die noch keine Stellung genommen hat, sollte sich Gedanken darüber machen.“
Zyperntürken sind Spielball der EU
Die EU springt mit den Zyperntürken um, wie es ihr gerade in den Kram passt, schimpft Kıbrıs Postası:
„Die EU konzentriert sich jetzt auf das Gas und will bei diesem Thema ein Player sein. Währenddessen hat sie die Menschlein im Norden vergessen, die für sie kämpften, auf die Straßen gingen und Parteien in ihrem Namen gründeten. Ihr seid drin [in der EU] aber auch nicht drin. Ihr existiert, doch ihr existiert nicht. Wir vertreten euch, aber ihr dürft euch nicht selbst vertreten. Ihr könnt von uns kaufen, aber ihr dürft nicht an uns verkaufen. Ihr habt Rechte und habt eigentlich keine Rechte. Ihr seid Europäer, aber eigentlich seid ihr keine Europäer. Das Land gehört uns und wir setzen die Standards. Diese Worte reichen aus um die Haltung der EU gegenüber den Zyperntürken zu beschreiben.“
Doppelter Druck ist nötig
Die Sanktionen sind zwar richtig, aber gleichzeitig sollten die EU-Staaten ihren Partnern in Zypern ebenfalls Druck machen, meint die Süddeutsche Zeitung:
„Ankara argumentiert nicht zu Unrecht, dass auch die Bewohner Nordzyperns Ansprüche auf einen Teil der Gasvorkommen haben, dass die Wiedervereinigung der Inselteile bislang auch am Süden scheitert. Die EU-Mitglieder sollten versuchen, ihre Solidarität mit Nikosia im Gasstreit als Hebel zu benutzen, um einem Ende der Teilung der Insel näher zu kommen. Der Nutzen wäre für alle weit höher als die Einnahmen aus dem zu erwartenden Geschäft mit dem Erdgas.“
Weitere Fehlentscheidung der EU
Die EU lehnt sich damit wieder einmal zu weit aus dem Fenster, kommentiert Hürriyet Daily News:
„Für viele in der Türkei ist dieser jüngste Schritt Brüssels ein weiteres Beispiel dafür, dass die EU schon lange mit zweierlei Maß misst, wenn es um die Türkei und die türkischen Zyprer geht. ... Ein weiterer Fehler der EU ist außerdem, der Türkei Sanktionen aufzuzwingen in einer Frage, die überhaupt nicht in ihre Zuständigkeit fällt. Oder vielleicht ist es kein Fehler, sondern eine Entscheidung, wie [der Schriftsteller] Paulo Coelho es richtig formuliert hat: 'Ein Fehler, der mehr als ein Mal wiederholt wird, ist eine Entscheidung.'“
Nikosia darf sich das nicht bieten lassen
Zypern sollte nicht auf eine Reaktion der EU warten, findet Phileleftheros:
„Wir werden von der türkischen Besatzungsmacht angegriffen und wir müssen reagieren. Und es muss Reaktionsmöglichkeiten geben, die der Besatzungsmacht Kosten verursachen. De facto müssen wir uns an die EU wenden. Die EU kann mit ihren Entscheidungen eine sehr wichtige Rolle spielen. Ob sie das auch will, werden wir sehen. ... Gleichzeitig sehen wir Möglichkeiten auch in anderen Bereichen. Wir wissen, dass weitere Maßnahmen erarbeitet wurden, die, je nach dem wie sich die Situation entwickelt, angewendet werden. Uns ist klar, dass wir reagieren müssen, sonst verlieren wir das Spiel endgültig. Das sollte jedem klar sein.“
Anastasiades muss an Verhandlungstisch zurück
Die Regierung Zyperns hat die Kontrolle über die Lage verloren, schimpft Cyprus Mail:
„Präsident Anastasiades hatte ziemlich naiv geglaubt, er könnte die Gewinnung von Kohlenwasserstoff in der zyprischen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) allein vorantreiben und die Zyperntürken ausschließen, indem er Explorationslizenzen an Ölfirmen mächtiger Länder erteilte, mit denen die Türkei jegliche Konfrontation vermeiden würde. ... Er hat nicht die Möglichkeit berücksichtigt, dass die Türkei unter dem Vorwand, die Interessen der Zyperntürken zu vertreten, eigene Bohrungen in der zyprischen AWZ durchführt. ... Jetzt hat er die Kontrolle über die Situation verloren und es besteht die Gefahr einer weiteren Eskalation von Seiten der Türkei. Für Anastasiades gibt es nur einen Ausweg: eine rasche Rückkehr zu den Verhandlungen [zur Lösung des Zypernkonflikts].“