Ist Georgiewa die Richtige für den IWF-Chefposten?
Nach zähem Ringen hat die EU die Weltbank-Geschäftsführerin Kristalina Georgiewa für den IWF-Vorsitz nominiert. Die Bulgarin setzte sich gegen den früheren Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem durch. Wie Georgiewa den IWF prägen wird und was ihre Nominierung für die EU bedeutet, erläutern Kommentatoren.
Paris gewinnt wieder gegen Berlin
Und wieder einmal hat sich Macron durchgesetzt, beobachtet Polityka:
„Paris erklärte, dass der IWF eine europäische Frau brauche. Und dass sie aus dem jüngeren Teil der EU kommen sollte, um die Region wertzuschätzen, die keine der Spitzenpositionen erhalten hat. ... In der letzten Runde wählten die Minister zwischen Georgiewa und dem von Berlin unterstützten Dijsselbloem. Die deutsche Unterstützung des Niederländers speiste sich aus Parteipolitik. Der deutsche Finanzminister ist der Sozialdemokrat Olaf Scholz, der in Gesprächen mit den Spaniern und Portugiesen an die Loyalität der Mitte-links-Parteien innerhalb der EU appelliert hat, zu denen auch die niederländische Gruppe Dijsselbloems (Frans Timmermans' Parteikollegen) gehört.“
Gut für den Klimaschutz
Mit Georgiewa dürfte der Umweltschutz beim IWF künftig eine größere Rolle spielen, glaubt der Tages-Anzeiger:
„Sollte sie am Ende tatsächlich Exekutivdirektorin des Währungsfonds werden, dann lässt die Zeit bei der Weltbank einige Schlüsse zu. Denn als operative Chefin hatte Georgiewa dort an einem großen Umbau mitgewirkt: Die globale Entwicklungsbank sollte grüner werden, ihre Förderungen und Investitionen viel stärker auch an Fragen des Klimaschutzes ausrichten. Für Georgiewa, die ihre Promotion zu 'Umweltschutzpolitik und Wirtschaftswachstum in den USA' schrieb, ist das gleichsam ein Lebensthema. Auch innerhalb des IWF hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass sich Klimaschutz und Finanzsysteme nicht mehr trennen lassen. Georgiewa sind diese Zusammenhänge sehr gut vertraut. 'Umwelt und Entwicklung sind zwei Seiten derselben Medaille', sagt sie.“
EU-Kandidatin ist noch nicht gesetzt
Die Kandidatin der EU überschreitet in Kürze die Altersgrenze für den IWF-Vorsitz. Das könnte ihrer Wahl entgegenstehen, gibt Hämeen Sanomat zu bedenken:
„Aus Sicht des IWF ist Georgiewas Problem, dass sie bald mehr als 65 Jahre alt ist. Ihre Wahl an die Spitze des IWF verlangt eine Regeländerung. ... Georgiewas Wahl ist keine Selbstverständlichkeit, auch wenn der Internationale Währungsfonds in der Regel von einem Europäer und die Weltbank von einem US-Amerikaner geführt wurden. Falls die Regeländerung nicht gelingt und sich die europäischen Staaten nicht auf einen anderen IWF-Kandidaten einigen können, bietet sich für andere Staaten die Gelegenheit, ihren eigenen Kandidaten in den Vordergrund zu schieben.“
Frauenquoten sind ungerecht
Kristalina Georgiewa könnte die dritte Frau in einer von der EU bestimmten Chefposition werden. Der ehemalige EU-Kommissionsberater João Marques de Almeida reflektiert aus diesem Anlass in Observador darüber, wie sinnvoll eine Frauenquote in der Politik ist:
„Ich denke, die Gesetzesänderungen [zur Einführung von Frauenquoten] rufen unnötige soziale Ungleichgewichte hervor. ... Letztendlich finde ich, dass unsere Gesellschaften vom Verdienst und dem Grundsatz der Chancengleichheit geprägt sein sollten. Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der Frauen die gleichen Chancen wie Männer haben und aufgrund ihrer Qualifikation und ihrer Verdienste an Spitzenpositionen gelangen, nicht aufgrund der Einführung von Quoten.“