Was bringen geschlossene Flüchtlingslager?
Griechenlands Regierung hat angekündigt, im März mit dem Bau von abgeriegelten Flüchtlingslagern auf fünf Ägäis-Inseln zu beginnen. Diese Lager sollen die dort untergebrachten Menschen nicht mehr unkontrolliert verlassen können, ihre Asylverfahren sollen dafür binnen 90 Tagen bearbeitet sein. Überfüllte Camps, wie das von Moria auf Lesbos, will die Regierung schließen. Das Medienecho ist geteilt.
Kritik an Athen ist unangebracht
Die Strategie der griechischen Regierung geht in die richtige Richtung, findet Kathimerini und fordert Geduld:
„Es ist keineswegs sicher, dass die Schaffung neuer sogenannter geschlossener Einrichtungen dazu beitragen wird, die Zahl der Ankommenden zu verringern. Es ist jedoch ziemlich sicher, dass sich die Situation in Kombination mit verbesserten Mechanismen zur Bewältigung des Problems und anderen von der Regierung verabschiedeten Initiativen verbessern wird. Die für die neuen Lager ausgewählten Standorte sind so abgelegen, dass die extremen Reaktionen [der lokalen Gemeinschaften], die wir gesehen haben, kaum zu rechtfertigen sind, einschließlich der des Regionalgouverneurs der nördlichen Ägäis und einiger Bürgermeister. Sie können sich nicht weigern, mit der Regierung zu sprechen - es sei denn, sie denken über eine Art eigenen Inselstaat nach.“
Ärzte und Schwestern nach Griechenland!
Dass die anderen EU-Staaten Griechenland bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen nicht zur Seite stehen, empört The Guardian:
„EU-Behörden verweigern Griechenland jene Unterstützung, die das Land so dringend benötigt. Damit ermutigen sie die Regierung in Athen stillschweigend, die fehlerbehaftete Migrationspolitik von Viktor Orbán zu kopieren. Brüssel sollte erwägen, ein EU-Aufnahme- und Schutzsystem an den Außengrenzen Europas einzurichten und Ärzte, Krankenschwestern, Sozialarbeiter und Dolmetscher dorthin zu entsenden. Derzeit ist vorgesehen, dass die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, Frontex, diese Außengrenzen mehr und mehr kontrollieren soll. Die Verantwortung für die tatsächliche Aufnahme und den Schutz von Migranten liegt jedoch bei Griechenland, einem kleinen Mitgliedstaat. Das ist eine absurde Situation.“
Bei Protest droht die Abschiebung
Genauer erläutert werden die Regierungspläne von ThePressProject:
„Das Gemeinste findet man am Ende der Ankündigung. Dort wird klargestellt, dass diejenigen, die sich nicht an die 'Regeln' geschlossener Zentren halten, der Abschiebung einen Schritt näher kommen werden. ... Wie auch im neuen Asylgesetz verankert, wird beispielsweise ein Protest bei der Essensvergabe als Grund für eine Abschiebung betrachtet. So bleibt die 'Ordnung' erhalten und Inselbewohner und TV-Publikum werden nicht das 'Unglück' erleben, dass 'Fremde' sich über ihre Lebensbedingungen beklagen. ... Gleichzeitig interessieren sich nur wenige für den wahren Grund für die Beschwerden der Geflüchteten: Die Bearbeitung ihrer Asylanträge verzögert sich, damit die Anträge derjenigen, die neu angekommen sind, im Rahmen des neuen Systems geprüft werden können und die Regierung sich mit Abschiebungen brüsten kann.“
Katastrophe mit Ansage
Das Konzept der geschlossenen Lager ist zum Scheitern verurteilt, warnt Avgi:
„Die Flüchtlingsströme aus der Türkei werden anhalten, und damit wird auch die Zahl der Flüchtlinge zunehmen, die auf den Inseln gefangen sind und in diesen geschlossenen Zentren leben. Der heutige Hotspot in Moria wird rückblickend wohl wie ein Spielplatz anmuten. Die Regierung greift auf die Maßnahme der geschlossenen Zentren zurück, weil sie die Inseln nicht entlasten kann. … Ohne die Entlastung der Inseln kann es aber kein nachhaltiges Management der Flüchtlingsfrage geben. Griechenland ist außerdem auf die europäische Solidarität angewiesen, doch die Regierung ist dabei, diese durch die Dämonisierung von NGOs in die Luft zu sprengen.“