Israels Annexionspläne: Was wären die Folgen?
In Israel berät die Regierung derzeit über die umstrittenen Annexionspläne von Gebieten im besetzten Westjordanland. US-Präsident Donald Trump hatte Anfang des Jahres in seinem Friedensplan grünes Licht dafür gegeben. Bald darauf kündigte Premier Netanjahu an, dass er im Sommer die Annexion einleiten werde, im Koalitionsvertrag seiner Regierung wird der 1. Juli als Datum genannt.
Dieser Weg führt in die Sackgasse
NRC Handelsblad glaubt, dass sich Israel ins eigene Fleisch schneidet:
„Frieden oder auch nur den Ansatz dessen kann es niemals geben, wenn eine Partei einseitig über die Tatsachen entscheidet. Die Annexion von palästinensischem Grundgebiet unter der Flagge eines Friedensplanes ist zynisch und zugleich kontraproduktiv. ... Ein Friedensprozess kann erst in Gang kommen, wenn Israel anerkennt, dass Siedlungen abgebrochen werden müssen, wie das internationale Recht es vorschreibt. ... Israel bringt sich mit solchen Schritten selbst in ein Dilemma. Das Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise und braucht Ruhe und Stabilität und nicht zunehmende Spannungen. Kurzfristig bezahlen die Palästinenser den Preis, aber langfristig spürt Israel selbst die Folgen.“
Palästinenser sollten nicht auf Chimären beharren
Emmanuel Navon, Professor für internationale Beziehungen in Tel Aviv und Likud-Mitglied, hält die Annexion in Le Figaro für sinnvoll:
„Denn sie würde ein Hindernis auf dem Weg zur Zwei-Staaten-Lösung aus dem Weg räumen. Die Tatsache, dass dieser Satz Sie wahrscheinlich in Erstaunen versetzt, beweist, dass Mythen langlebig sind. Denn die Idee, dass eine Zwei-Staaten-Lösung darauf gründen könnte, dass Israel sich auf die im Waffenstillstand von 1949 etablierten Grenzen zurückzieht, Jerusalem geteilt wird und die Nachfahren der palästinensischen Flüchtlinge nach Israel zurückkehren, ist ein Mythos. Keine israelische Regierung wird einen feindlichen und bewaffneten Staat vor den Toren Tel Avivs und innerhalb Jerusalems akzeptieren. ... Solange die Palästinenser und die Regierungen, die sie unterstützen, auf diesen Chimären beharren, wird es keine Zwei-Staaten-Lösung geben.“
Netanjahu fürchtet Trumps Abgang
Warum es der israelische Premier eilig hat, erklärt Milliyet:
„Der Grund ist die Angst (oder das Wissen), dass Trump seine Wahl in vier Monaten verliert. ... Netanjahu ist klar, dass ohne einen Beschützer wie Trump unmöglich sicherzustellen ist, dass Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten einer Annexion zustimmen. Trump hat diese drei Länder (die es schaffen werden, fast die gesamte Arabische Liga hinter sich zu ziehen) dazu gebracht, nicht nur angesichts der Annexion zu schweigen, sondern auch seinen angeblichen Friedensplan zu unterstützen. Netanjahu weiß: Wenn [sein Verteidigungsminister] Gantz zu einer partiellen Annexion Ja sagt, ist dies immerhin schon ein Gewinn. ... Und sollte Trump doch wiedergewählt werden, wird Netanjahu das übrige Land in einem Zeitfenster von vier Jahren gewinnen.“