Abkommen zwischen Israel und VAE: ein Funke Friede?
Die Vereinigten Arabischen Emirate und Israel haben diplomatische Beziehungen aufgenommen - nachdem es bisher erst hinter den Kulissen Kontakte gegeben hatte. Ein entsprechendes Abkommen wurde von US-Präsident Trump vermittelt und soll am 3. November in Washington unterzeichnet werden. Journalisten diskutieren, was das Abkommen für die Region bedeutet.
Normalisierung könnte Schule machen
Ukrajinska Prawda ist optimistisch, dass nun auch weitere arabische Länder diplomatische Beziehungen mit Israel aufnehmen:
„Es besteht die große Hoffnung, dass die getroffenen Vereinbarungen dazu führen könnten, dass auch andere Länder Israel anerkennen. Angesichts der Dynamik der aktuellen Beziehungen könnten Bahrain, Oman, Katar, Kuwait und Saudi-Arabien folgen. ... Die getroffenen Vereinbarungen haben gezeigt, dass die Vergangenheit nicht unbedingt die Zukunft bestimmen muss. Und auch, dass Verständigung auch dort möglich ist, wo sie völlig unmöglich schien.“
Alte Verbündete lassen Palästinenser im Stich
In Nahost hat nun das Ringen mit dem Iran Priorität - nicht nur für die VAE, analysiert The Irish Times:
„Andere Golfstaaten werden vermutlich nachziehen und ihre Beziehungen mit Israel, die sich zuletzt immer weiter verbessert haben, normalisieren - mit Ausnahme vielleicht von Saudi-Arabien. ... Dies spiegelt wider, dass die sunnitisch geführten arabischen Staaten neue Prioritäten setzen, was ihre strategischen Interessen in der Region betrifft. Der Iran mit seinen Stellvertreterarmeen in der gesamten Region und die Muslimbruderschaft sind wichtiger als die schlechte Behandlung der Palästinenser durch Israel. ... Eine politisch geschwächte palästinensische Gemeinschaft ist mit diesem Paradigmenwechsel konfrontiert. ... Sie kann sich nicht mehr auf alte Verbündete verlassen, die ihren Fall ganz oben auf ihre Tagesordnung setzen.“
Emirate handeln konzeptlos
Für Yeni Şafak haben die VAE vergessen, wer ihre natürlichen Verbündeten sind:
„Die VAE haben durch die Einigung mit Israel gezeigt, dass sie die Palästinenser nicht berücksichtigt und kein Interesse an einer arabischen Geographie haben. Saudi-Arabien verfolgt eine ähnliche Politik. ... Diese Länder betreiben auch in Bezug auf die nicht-arabische muslimische Geographie eine problematische Politik. Diese Länder, die eine aktive Rolle dabei gespielt haben, Syrien und Libyen, die zu den wichtigsten Gebieten der arabischen Geographie gehören, in einen Bürgerkrieg zu ziehen, sind Partnerschaften mit Frankreich, Israel und Russland eingegangen, um die Bemühungen der Türkei zu konterkarieren. ... Sie handeln weder nach einem nationalen, noch nach einem religiösen Konzept.“
Profiteur ist lediglich der Wahlkämpfer Trump
Keine nachhaltigen Veränderungen im Nahen Osten erwartet Politiken von der Annäherung:
„Israel war eine der großen Nummern in Trumps Außenpolitik. Trumps machtvoller Schwiegersohn und Berater im Weißen Haus, Jared Kushner, steht an der Spitze eines Einsatzes für enge Verbindungen zu dem Land - was aber nicht zu einem großen Durchbruch für einen Frieden im Nahen Osten geführt hat. Im Gegenteil: Trumps Entscheidung, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen und die amerikanische Botschaft in die Stadt zu verlegen, hat in der arabischen Welt zu Wut geführt. Das angekündigte Abkommen zwischen Israel und den Vereinten Arabischen Emiraten bringt da keine großen Pluspunkte im Nahen Osten. Aber es gibt Trump einen außenpolitischen Vorteil, den er bis zur Wahl am 3. November nutzen wird.“
Deal bietet beiden Seiten Handfestes
Der Tages-Anzeiger sieht Anlass zu leisen Hoffnungen:
„Der nun skizzierte Deal hat zumindest einen realistischen Kern, weil es anders als in Trumps sogenanntem Friedensplan vom Januar ... ein Quidproquo gibt: Die Israelis stellen ihre heftig kritisierten Annexionspläne in den Palästinensergebieten hintenan und bekommen dafür als Gegenleistung einen Türöffner für Beziehungen zu den sunnitischen Golfstaaten. Zudem eint die beiden ein gemeinsames Interesse: die Eindämmung der iranischen Ambitionen in der Region. Die Schwierigkeiten jedoch liegen nicht nur im Kleingedruckten. Auf beiden Seiten gibt es genug radikale Elemente, die jede Annäherung als Verrat ansehen und jeden Fortschritt torpedieren dürften. Im Kern des Nahostkonflikts steht überdies weiter die offene Frage der palästinensischen Staatsgründung – und dafür müsste Israel weit mehr Zugeständnisse machen.“
Das Ende eines Dogmas
Das Abkommen könnte den Palästinensern sogar zugutekommen, wirft La Stampa ein:
„Israel verzichtet auf die Annexion von 'Judäa und Samaria' und erkennt ihre Zugehörigkeit zum arabisch-sunnitischen Gebiet an. … Alles hängt von den weiteren Schritten ab, die die Protagonisten unternehmen werden - der Nahe Osten ist ein Friedhof der Friedenspläne. … Aber das Potenzial des Abkommens zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist nicht geringer als das des Abkommens von Oslo von 1995. Durch Oslo wurden Jassir Arafat und die PLO international anerkannt; das von Washington angekündigte Abkommen zwischen Jerusalem und Abu Dhabi bedeutet die Anerkennung Israels in der arabischen Welt. Es bezeichnet das Ende des Dogmas der Nichtexistenz Israels für die große Mehrheit der arabischen Länder.“