Proteste in Bulgarien: Wann reagiert die EU?
Seit mehr als acht Wochen gehen die Menschen in Sofia auf die Straßen und demonstrieren gegen die Regierung unter Bojko Borissow und ihre Verstrickungen mit Oligarchen. Dabei thematisieren sie auch, wie letztere von EU-Geldern profitieren. Die Reaktionen aus Brüssel oder von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft waren bislang zögerlich. Doch das könnte sich jetzt ändern, glauben einige Kommentatoren.
Endlich sind wir in den Schlagzeilen
Nach fast zwei Monaten haben die Proteste in Bulgarien einen entscheidenden Schritt vorwärts gemacht, freut sich Kapital:
„Die wütende Botschaft kommt langsam auch außerhalb Bulgariens an. Die Transparente mit der Frage an die EU und insbesondere an Bundeskanzlerin Merkel, warum sie den Zustand der Demokratie in Bulgarien ignorieren, wurden in der internationalen Presse veröffentlicht und in vielen europäischen Nachrichtensendungen im Fernsehen gezeigt. Alle großen ausländischen Medien und Nachrichtenagenturen berichten inzwischen, was in Bulgarien passiert und warum. Damit wurde ein großer Schlüsseleffekt erzielt: Die europäischen Institutionen und die Länder mit dem größten Einfluss sehen sich gezwungen, die lange vernachlässigte Situation im ärmsten und korruptesten Land der EU in den Blick zu nehmen.“
Das Problem heißt EVP
Weshalb die EU nachsichtig mit der bulgarischen Regierung ist, erläutert die Neue Zürcher Zeitung:
„Bojko Borisows Gerb-Partei gehört zur Familie der Europäischen Volksparteien (EPP) und hat damit mächtige Fürsprecher nicht nur in Brüssel, sondern auch in Berlin. 11 der 27 Mitgliedländer ... werden von EPP-Mitgliedern regiert. Diesen Stimmenblock hält Berlin, wann immer möglich, zusammen und bei Laune. Gegenüber Borisow fällt der deutschen Kanzlerin Nachsicht umso leichter, als er nicht wie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban ideologisch auftrumpft, sondern seine Schlaumeiereien charmant mit Ergebenheitsadressen kaschiert.“