Facebook vor der Zerschlagung?
Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC und 46 Bundesstaaten wollen Facebook auf dem Rechtsweg zerschlagen. Die Wettbewerbsposition des sozialen Netzwerks sei zu dominant. Facebook soll sich von Instagram und Whatsapp trennen und den Zugang zu seinen Programmierschnittstellen und Daten erleichtern, zudem sollen künftige Übernahmen vorab geprüft werden. Nicht alle Beobachter unterstützen den Prozess.
Auch die digitale Wirtschaft braucht Regeln
Eine Zähmung der Internetgiganten ist unumgänglich, meint Hospodářské noviny:
„Das Internet ist zu einer Art öffentlichem Dienst wie Wasser oder Strom geworden. Es ermöglicht eine digitale Wirtschaft, deren Herrscher wie einst Rockefeller und Zeitgenossen glauben, dass niemand und nichts sie einschränken kann. Es muss aber Regeln geben. Es ist empirisch erwiesen, dass digitale Giganten ihre Kunden manipulieren, um Gewinne zu erzielen. ... Ein Nebenprodukt ist der Schaden für den Meinungspluralismus und damit für die liberale Demokratie. Für den Verbraucher ist es oft bequem, sich dafür zu entscheiden, was der Algorithmus anbietet/bestimmt. Wenn der Kunde/Wähler in eine Sackgasse geführt wird, beispielsweise wenn er nicht erkennen kann, dass es eine andere Option/Ware gibt, endet der Spaß. Dem Nutzer wird das Grundrecht auf freie Wahl entzogen.“
Es gibt doch Tausende andere Dienste
Facebook eine Monopolstellung vorzuwerfen, verkennt die Realität, meint The Daily Telegraph:
„Die FTC glaubt, dass WhatsApp und Instagram Konkurrenten hätten sein können. Wenn überhaupt, sind die beiden nur zwei unter Tausenden möglichen Optionen. Es gibt unzählige Dienste, die es Menschen ermöglichen, miteinander in Verbindung zu treten, Inhalte zu teilen und zu kommunizieren - von Twitter und YouTube bis zu WeChat, TikTok und Zoom. Jeder einzelne dieser Dienste bemüht sich um unsere Aufmerksamkeit, gemeinsam mit vielen weiteren kleineren Start-ups, denen das Internet nur sehr wenige Zutrittsbarrieren in den Weg stellt. Eher ist es so, dass wir in einer goldenen Ära des Online-Wettbewerbs leben.“
Die Nutzer werden nicht jubeln
Die Konzentration von Diensten in wenigen Händen hat attraktive Vorteile, wendet der Tages-Anzeiger ein:
„Was Wettbewerbshütern, Datenschützern, Konkurrenten und immer mehr Politikern ein Graus ist, ist für die Nutzerinnen und Nutzer dieser Dienste das pure Gegenteil. ... Das ist das grosse Dilemma all dieser Klagen gegen die Techkonzerne: Die Nutzerinnen und Nutzer werden da nicht automatisch laut Beifall klatschen. Denn: Niemand will fünf verschiedene Messenger, niemand will wieder x unterschiedliche Suchmaschinen nutzen, niemand will seine Apps in x verschiedenen Appstores zusammensuchen, und alle hassen wir die Cookiewarnungen unten an Websites. Genau darauf setzen die Techgiganten.“
Chance für eine neue Social-Media-Ära
Besser eine späte Wende als gar keine, findet Yetkin Report:
„War es nötig, auf diese Weise an diesen Punkt zu kommen? Mussten die Facebook-Manager so lange warten, bis sie in jedem Land gigantische Probleme bekamen? ... Als die sozialen Medien noch in den Kinderschuhen steckten, dachten wir, dass sie eine Plattform offener Ideen würden, die das Potenzial hätten, die Welt zu einen und den Gemeinschaftssinn der Menschen zu erhöhen. Doch indem Geldgier alle unsere Träume zunichte machte, verpassten nicht nur Facebook, sondern wir alle eine wichtige Chance. ... Wenn diese Prozesse Erfolg haben sollten, werden wir in den 2020er Jahren mit einem völlig anderen Verständnis für soziale Medien leben. Vielleicht werden wir in die 2030er Jahre mit einer Social-Media-Struktur eintreten, die statt Profit menschliche Werte priorisiert.“