Ein Hoch auf die Krisenmanagerinnen
In der europäischen Politik stellten in diesem Corona-Krisenjahr viele Frauen die Weichen, um wieder auf Kurs zu kommen. Viele Kommentierende heben das lobend hervor. In anderen Bereichen sehen einige jedoch auch Rückschritte bei der Gleichberechtigung.
Starke Frauen bewirken Gutes
Die frühere italienische Justizministerin Paola Severino lobt in La Repubblica die Frauen an der Macht:
„Wir stehen nun am Ende eines tragischen Jahres, das eine Generation älterer Menschen dahingerafft hat und Auswirkungen auf die Zukunft unserer jungen Menschen haben wird, abgesehen von der ernsten Krise, in die es die Weltwirtschaft gestürzt hat. Ein Jahr, in dem die Rolle, die einige Frauen bei der Stärkung des gemeinsamen europäischen Entwurfs, bei der Bekämpfung der Pandemie und bei der Festigung der Rechtsstaatlichkeit gespielt haben, besondere Anerkennung verdient. ... Ich denke, dass jedem klar ist, dass das europäische Vorhaben, die von der Pandemie heraufbeschworene Krise gemeinsam zu bekämpfen, dem großen Einfluss von Persönlichkeiten wie Ursula von der Leyen, Christine Lagarde und Angela Merkel zu verdanken ist.“
Da geht noch mehr, die Herren!
Beim Krisenmanagement sollten die Männer sich ruhig eine Scheibe bei ihren Amtskolleginnen abschneiden, drängt L'Obs:
„Angesichts eines unberechenbaren Virus, das sich über all unsere Antizipationen hinwegsetzt, wurden unsere Politiker gezwungen, ihren Regierungsstil zu ändern. Emmanuel Macron musste sich von seinen kriegerischen Akzenten verabschieden (wir erinnern uns an das 'Wir sind im Krieg' im ersten Lockdown) und gemäßigtere Töne anschlagen, einen erklärenderen und klareren Ansatz, dem einzigen, dem es gelingen kann, das schleichende Gift des Misstrauens einzudämmen. Es ist spät, aber noch nicht zu spät, um diese neuen Vorzüge bei der Impfkampagne gegen Covid-19 einzusetzen, deren Erfolg in großem Maß unsere Zukunft bedingt. Verehrte Herren, es ist höchste Zeit, sich endlich von den Damen inspirieren zu lassen!“
Zurück an den Herd gedrängt
2020 war ein schlechtes Jahr für Frauen, beklagt die Augsburger Allgemeine:
„Während im Frühjahr die Schulen, Kindergärten und Tagespflegeeinrichtungen geschlossen hatten, waren es zumeist Frauen, die einsprangen. Neben der Erwerbsarbeit, versteht sich. Sogar in Partnerschaften, die vor der Pandemie von sich sagten, dass sie diese Aufgaben gleichmäßig verteilen, reduzierten in einem Drittel der Fälle Frauen ihre bezahlte Arbeitszeit. Männer in zehn Prozent der Fälle. Nun könnte man sagen: Die Pandemie wird irgendwann enden. ... Frauen können wieder mehr arbeiten. Theoretisch. Praktisch hinterlassen Einschnitte Lücken - auch finanzielle. Weil Männer in der gleichen Zeit weiter Karriere machen, an Frauen vorbeiziehen. Weil der Wiedereinstieg in den Job immer schwierig ist. Das verschärft das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen und es verschärft das Risiko der Altersarmut von Müttern.“