Australien geblockt: Facebook als Schulhof-Tyrann?
Facebook hat in Australien sämtliche Nachrichten und viele staatliche Seiten blockiert. Der Konzern reagiert damit auf ein geplantes Gesetz, wonach er künftig für Inhalte von Medienhäusern zahlen muss, die über seine Plattform verbreitet werden. Premier Morrison wirbt nun um internationale Unterstützung dafür, Tech-Giganten in die Schranken zu weisen. Überwiegend steht Europas Presse klar auf seiner Seite.
Neue Runde: Demokratien versus Tech-Giganten
Facebooks Aktion ist skandalös, meint Hospodářské noviny:
„Britische Abgeordnete haben ihre Kollegen in Australien aufgefordert, nicht nachzugeben. Und wir in der EU sollten dies auch unterstützen. Ein Sieg Facebooks über den Souverän - das Parlament - in einem demokratischen Land würde eine grundlegende Schwächung der demokratischen Prinzipien bedeuten, die von großen Technologieunternehmen und ihren sozialen Netzwerken auch so schon untergraben wurden. Bisher fand der Kampf zwischen Demokratien und New Economy-Riesen hauptsächlich auf der Ebene der Debatten über Vorschriften statt, die insbesondere von der EU erlassen werden. Jetzt sind wir in die Phase einer praktischen Auseinandersetzung eingetreten.“
Dieser Kampf geht uns alle an
Postimees drückt Canberra die Daumen:
„Das Ziel der Australier ist es, gerechte Spielregeln im Wettkampf zwischen Technologieriesen und lokalen Unternehmen zu schaffen. Estland hat das gleiche Interesse. Die Europäische Union muss eine gerechte Besteuerung der digitalen Wirtschaft wieder auf die Tagesordnung setzen. Wenn die Mitgliedsstaaten nicht nur egoistische Wirtschaftsinteressen im Blick haben, ist eine Lösung möglich. Facebooks Antwort an Australien zeigt, was passiert, wenn es keinen Wettbewerb gibt. Es ist höchste Zeit zu verstehen, dass etwas, das umsonst ist, am Ende sehr teuer werden kann. ... Australien kämpft für uns alle.“
Die Front bröckelt
Ein kleiner Durchbruch ist bereits gelungen, freut sich La Repubblica:
„Die harte Linie der australischen Regierung - der Europa nacheifern sollte - hat einen ersten Effekt. In Australien ist die gegnerische Front aufgebrochen. Die Internet-Giganten - die monatelang Seite an Seite kämpften - sind nun gespalten zwischen denen, die den Dialog suchen (Google) und denen, die darauf bestehen, Krieg zu führen (Facebook). Facebook bekräftigt sein Nein zu Verlegern, die eine Bezahlung für im sozialen Netzwerk geteilte Inhalte verlangen. Es geht soweit, Nachrichten gar zu blockieren, was eine weltweite Reaktion der Empörung auslöst. Auf Twitter trendet der Hashtag deletefacebook.“
Facebook hat den Bluff erkannt
Australische Medien haben mit der Nachrichtensperre bekommen, was sie verdienen, glaubt The Spectator:
„Die News-Bosse wollen ihren Kuchen behalten, selbst essen, und andere sollen ihnen auch noch Geld dafür geben. Es gibt keine wirkliche Grundlage für die Behauptung, dass das kostenlose Teilen von Inhalten und Links Zeitungen schadet. Es ist ein bisschen so, als würde man Pub-Besitzer zur Kasse bitten, weil an der Bar über die Nachrichten geredet wird. Beharren Verlage auf dieser Argumentation, dann müssen sie sich auch daran halten. Seiten wie Facebook können dann entweder zahlen oder verhindern, dass Artikel in ihrem Revier geteilt werden. Zu fordern, dass deine Nachrichten geteilt werden und dass du für dieses Privileg auch noch bezahlt wirst, ist ein Bluff. “
Das schreit nach noch schärferen Gesetzen
Facebooks Strategie könnte nach hinten losgehen, argumentiert die Wiener Zeitung:
„Um gegen die relativ harmlose Regulierung zu protestieren, liefert die Plattform ... der EU und den G7-Staaten gute Argumente für viel weitreichendere Gesetze als jene, die im Parlament in Canberra diskutiert werden. Denn Kartellrechtsexperten nennen das, was Facebook tut: Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung. Interessanterweise geht Google einen anderen Weg: Der Suchmaschinengigant hat eingewilligt, 63 Millionen Euro an die französischen Verlage zu zahlen, und während Google noch vor wenigen Wochen damit gedroht hat, den australischen Markt angesichts der Gesetzesvorlage zu verlassen, bekommen die Verlage nun Geld. Google hat – im Unterschied zu Facebook – kapiert, dass Regierungen sich nicht gerne erpressen lassen.“