Erdoğan präsentiert Aktionsplan für Menschenrechte
Der türkische Präsident Erdoğan hat am Dienstag die Grundzüge eines 'Aktionsplans Menschenrechte' vorgestellt, der fast 400 Einzelmaßnahmen umfassen soll - darunter die Stärkung von Meinungsfreiheit, Frauenrechten und Gerichtsbarkeit. Allerdings sitzen nach wie vor zahlreiche Oppositionspolitiker und Journalisten in Haft. Kommentatoren fragen sich, ob USA und EU wohl auf die Charmeoffensive eingehen werden.
Wir wollen doch alle das Gleiche, nicht wahr?
Jetzt kann der Westen seine hehren Absichten tatsächlich unter Beweis stellen, schreibt die regierungstreue Daily Sabah:
„In einer Zeit, in der viele Länder damit kämpfen, ihre Freiheit und Freizügigkeit inmitten der Pandemie zu erweitern, ist dieser Schritt, den die Türkei geht, mehr als signifikant. Wir als das türkische Volk erwarten jetzt vom 'modernen Westen' und seinen Organisationen wie der EU, sich nicht als 'der Boss' aufzuspielen, sondern einen gleichberechtigten Dialog zu schaffen und die türkische Politik und öffentliche Meinung in diesem Prozess zu ermutigen. Auf diese Weise kann der so moderne Westen zeigen, dass er wirklich die Verbreitung der Demokratie außerhalb von Europa unterstützt. Es ist schön, von einem solchen Westen zu träumen, nicht wahr? “
Religionsfreiheit als Lockmittel
Die EU und die USA könnten das durchschaubare Spiel aus Eigeninteresse mitspielen, glaubt Yetkin Report:
„Der Plan verspricht, die Regulierungen für die Gemeinschaftsstiftungen von Minderheiten [darunter die Rückgabe nach 1936 enteigneter Immobilien], die 2011 beschlossen wurden, zu finalisieren. ... Erwartet also die Regierung wirklich, dass die griechischen, armenischen und jüdischen Gemeinden in der Türkei ihren Lobbys in den USA und in der EU sagen 'Ihr könnt einen Gang runterschalten, die Türkei will unsere Rechte erweitern'? Würden Joe Biden, die Europäische Kommission oder die Festungen der EU wie Deutschland oder Frankreich so tun, als hätten sie ihm diesen Plan abgekauft? Ich würde diese Möglichkeit nicht ausschließen, denn leider gibt es kaum ein Thema, das für Militär und eigene Interessen so oft missbraucht wird wie Menschenrechte.“
Ein Witz vor allzu ernstem Hintergrund
Nur noch ironisch vermag das Webportal In.gr die Ankündigungen des türkischen Präsidenten zu kommentieren:
„Vielleicht will er der EU und Europa beibringen, dass die türkischen Militäreinsätze in Syrien, im Irak, in Libyen und im Kaukasus im Einklang mit dem Völkerrecht stehen. Oder, dass er die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Freilassung kurdischer politischer Gefangener sowie des Geschäftsmanns Osman Kavala einfach noch nicht gehört hat. ... Ein Plan für Demokratie in Erdoğans Türkei. Wenn die Situation nicht so tragisch wäre, könnte es der Witz des Tages sein. “