Delta-Variante breitet sich aus: Was tun?
Die Delta-Variante des Coronavirus treibt die Infektionszahlen in mehreren Ländern nach oben. In Europa sind Großbritannien, Russland und Portugal besonders betroffen. Auch in Staaten mit niedriger Inzidenz steigt der Anteil der Mutation, mit der sich offenbar auch mehr Geimpfte anstecken. Kommentatoren diskutieren, was jetzt passieren muss, und fragen sich, ob Politik und Bevölkerung die Bedrohung ernst genug nehmen.
Fahrlässig in die vierte Welle
Visão wirft Portugals Regierung Leichtsinn bei den Einreisekontrollen vor:
„Im Gegensatz zu dem, was die große Mehrheit der europäischen Länder derzeit tut, übt Portugal keine besondere Wachsamkeit bei der Ankunft von Besuchern oder der Rückkehr portugiesischer Staatsbürger in das Staatsgebiet aus. Es vertraut den Deklarationen und lässt die Menschen ohne jegliche weitere Kontrolle zu ihren Zielen reisen. Diese 'lockere' Haltung und teilweise die Ehrfurcht vor einer unserer wichtigsten Einnahmequellen – dem Tourismus – macht den Kampf gegen das Virus fragil und schadet unserem Image im Ausland. Am Ende des Tages schadet es auch dem Tourismus. ... Das sind falsche, kurzsichtige Richtlinien, und sie entlarven eine politische Führung ohne eigene Kriterien, die nach den Interessen Dritter handelt.“
Panik in Impfungen umsetzen
Estland schaut besonders besorgt auf die hohen Infektionszahlen im Nachbarland Russland. Diese Sorge sollte man nutzen, um die abgeflachte Impfkurve wieder nach oben zu bringen, schlägt Eesti Päevaleht vor:
„Schaut man auf die Daten des letzten Monats, ist klar, dass in Russland auch die Totenzahl wieder bemerkenswert gestiegen ist, anders als in Portugal und Grossbritannien. Der Unterschied ist, dass die zwei Länder mit Impfung wesentlich weiter sind als Russland. ... Anstatt der dritten Welle in Russland zuzuschauen, müssten wir sie nutzen, um die stotternden Impfungen wieder in Gang zu bringen. Jetzt, da sogar der Nihilismus der Russen weicht, ist die richtige Zeit, auch in Estland eine ordentliche Impfkampagne zu starten.“
Ein riesiges Verhaltensexperiment
In Israel sind bereits 57 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Anhand der sich ausbreitenden Delta-Variante zeigt sich einmal mehr, was auch anderswo in Zukunft passieren könnte, meint Meir Ouziel, Kolumnist der israelischen Zeitung Maariv, in einem Gastbeitrag in La Repubblica:
„Wir sind mit einem riesigen Verhaltensexperiment konfrontiert. Wenn Israel bisher das Labor der Welt war, um die Effektivität der Impfkampagne zu messen, könnte es nun zum Labor werden, um eine andere Frage zu untersuchen: Wie werden sich Menschen verhalten, die dachten, sie seien sicher, weil sie geimpft wurden, wenn die Möglichkeit auftaucht, dass das Virus den Impfschutz überwinden könnte? Ich denke, die Verhaltensforscher werden feststellen, dass die 'Zurück ins Leben'-Atmosphäre so berauschend ist, dass im Moment niemand bereit ist, in die Klausur zurückzukehren.“
Auch auf den Impfstoff-Typ kommt es an
Statistiken zeigen, dass wohl auch der Impstoff-Typ bei der Verbreitung der Delta-Variante eine Rolle spielt, warnt Népszava:
„In Ländern, wo viele Menschen mit einem weniger wirksamen Impfstoff [wie Sinopharm] geimpft wurden, verbreitet sich die gefährlichere und tödlichere neue Variante relativ schnell. Was würde in so einem Fall eine verantwortliche Regierung tun, die das Menschenleben als Priorität behandelt? Sie würde versuchen, den früheren Fehler zu korrigieren, und würde nach einem weniger wirksamen Impfstoff auch mit einem mRNA-Vakzin impfen lassen - das passiert gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Bahrain, und nach einigen Presseinformationen auch in Serbien.“