Kuba: Größte Anti-Regierungs-Proteste seit 1994
Tausende Menschen gehen in Havanna seit Sonntag auf die Straße, um gegen die Regierung, ihren Umgang mit der Corona-Pandemie und die grassierende Wirtschaftskrise zu protestieren. Sie riskieren damit Gefängnisstrafen, denn solche Kundgebungen sind in Kuba illegal. Über 100 Personen wurden verhaftet oder gelten als vermisst, unter ihnen ausländische Journalisten; mindestens eine Person kam ums Leben.
Der langsame Niedergang wird schneller
Das Regime in Havanna wird früher oder später an seinem Unvermögen scheitern, das sozialistische System zu reformieren, analysiert Expressen:
„Vor allem die halbherzigen Liberalisierungsversuche sind ein Fiasko. Der ziemlich neue Zugang zu Mobiltelefonen und Internet hat den Jungen einen Einblick in das Leben auf der anderen Seite des Florida-Sunds ermöglicht. Gleichzeitig hat sich das Regime geweigert, die Wirtschaft zu öffnen, wie es die Vorbilder China und Vietnam getan haben, und kann die politische Unterdrückung deshalb nicht durch steigenden Wohlstand rechtfertigen. Letztes Jahr ist die Wirtschaft um 12 Prozent geschrumpft. 'Wie geht man bankrott?', fragte der Ehren-Kubaner Ernest Hemingway. 'Erst langsam und dann schnell.' Despotische Regimes fallen immer auf die gleiche Art.“
USA hoffen auf Maidan-Dynamik
Weltweit wird versucht, Einfluss auf die weitere Entwicklung der Proteste zu nehmen, beobachtet Duma:
„Die Situation in Kuba ist jetzt schon international geworden. Russland, Venezuela und Mexiko einerseits und die Vereinigten Staaten, die EU und Brasilien andererseits haben ihre Positionen geäußert. Die erste Gruppe ist gegen eine Einmischung in Kuba. Die zweite setzt wohl auf einen kubanischen Maidan. … Der Appetit der USA auf den Inselstaat ist seit langem bekannt, doch sie verlieren an Boden - sie sind in Venezuela gescheitert, und Südamerika beginnt allmählich rot zu werden. Die Frage ist, ob Kuba sich ohne Persönlichkeiten wie Che Guevara und Fidel Castro einem kubanischen Maidan widersetzen wird.“
Madrid muss Demonstranten unterstützen
Aufgrund seiner besonderen Bindung zu Kuba sieht El Mundo Spanien jetzt in der historischen Pflicht:
„Die EU schaut bei ihrer Haltung zu Lateinamerika immer auf Spanien. Aber dafür muss man diese internationale Vorbildrolle auch einnehmen wollen. Und die spanische Regierung, deren Mitglieder sich teilweise offen zum Kommunismus bekennen, will das nicht. Kuba ist die Berliner Mauer des 21. Jahrhunderts, der Eiserne Vorhang Lateinamerikas. Der Castrismus exportiert totalitäre Ideologie in den Rest des Kontinents. ... Die USA und EU müssen den Schrei nach Freiheit des kubanischen Volks eindeutig und tatkräftig unterstützen. Und Spanien muss sein kleinmütiges Parteikalkül gegenüber den Extremisten innerhalb der Regierungskoalition aufgeben.“