Teuerung in der Türkei: Supermärkte als Sündenbock
Die Türkei ächzt unter hoher Inflation: Die Verbraucherpreise sind in einem Jahr um 19,25 Prozent gestiegen, die Preise für Lebensmittel sogar um 29 Prozent. Präsident Erdoğan beschuldigt nun fünf große Supermarktketten, für die extreme Teuerung verantwortlich zu sein und hat ihnen den Kampf angesagt. Kommentatoren sehen die Ursache hingegen in dessen riskanter Finanzpolitik.
Es gibt so viele Gründe
Die Ursachen für die Inflation liegen ganz woanders, betont Habertürk:
„Wenn wenig produziert wird, wird es teuer. Wenn die Effektivität gering ist, wird es teuer. Wenn die Abhängigkeit vom Ausland hoch ist, wird es teuer. Wenn der Haushalt im Minus ist, wird es teuer. Wenn die Exporte nicht den Importen entsprechen, wird es teuer. Wenn die Justiz nicht vertrauenswürdig ist, kommen keine ausländischen Investitionen, und wenn keine inländischen Investitionen getätigt werden, wird es teuer. Für all das sind vermutlich nicht die Supermarktketten verantwortlich. ... Und doch hat die Regierung sie zum Schuldigen für die Teuerungen gemacht. Ist das überraschend? Natürlich nicht. Um an der Regierung zu bleiben, braucht es stets einen Buhmann, einen Feind.“
Inflation entsteht nicht an der Ladenkasse
Erdoğan selbst übernimmt mal wieder keinerlei Verantwortung für den Lira-Verfall, ärgert sich Karar:
„Beschränkt sich der Irrsinn im Land etwa auf den Supermarkt-Sektor? Wer bewirkte denn, dass der Dollar von 8,3 auf 9 Lira anstieg, indem er die Zinssenkung, die alle erst zum Jahresende erwartet hatten, überhastet durchführte? Wessen falsche Politik brachte denn den Dollarkurs, der im Vergleich mit anderen Ländern zwischen 3,5 und 4 Lira liegen sollte, auf 9 Lira? Wer zahlt die Zeche für diese enormen Kostensteigerungen? Und wer wird die Rechnung für die kommenden Preissteigerungen zahlen? Natürlich das türkische Volk. Aber die Führung ist weiterhin makellos und andere sind schuld, nicht wahr?“