Bundesbankchef Weidmann: "Mister Nein" tritt zurück
Jens Weidmann, mehr als zehn Jahre lang Präsident der Bundesbank, zieht sich zum Jahresende aus persönlichen Gründen zurück. In Europa war er vor allem als Kritiker der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, insbesondere unter Mario Draghi, bekannt. Was sein Weggang bedeutet, beschäftigt Kommentatoren.
Enttäuschter Rückzug
Jens Weidmann gibt endgültig den Kampf auf, den er vor zehn Jahren gegen Draghi begonnen hatte, resümiert Corriere della Sera:
„Für ihn war Mario Draghi der Teufel persönlich. Nicht mehr und nicht weniger. Und tatsächlich beschwor er 2012 in einer inzwischen berühmten Rede die Szene aus Goethes Faust, in der Mephistopheles den Kaiser überredet, Papiergeld zu drucken, obwohl er kein Gold dafür hat. ... Er nannte seinen Namen nicht, aber jeder verstand, dass der Böse in seinen Augen der damalige Präsident der EZB war, der sich einer zu expansiven Geldpolitik schuldig gemacht hatte. Ein Jahrzehnt später verlässt Jens Weidmann besiegt und enttäuscht das Schlachtfeld.“
Der EZB wird er womöglich fehlen
Die Annahme, dass die Arbeit der EZB jetzt leichter werden könnte, ist trügerisch, meint Les Echos:
„Mit seinem Plädoyer für eine restriktive Geldpolitik, die das Ziel hatte, das Inflationsrisiko gering zu halten, hat Herr 'Nein zu Allem', wie ihn der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi nannte, eine Linie verfolgt, die immer schwerer zu halten war. … Jedoch könnte dieser Sieg der 'Tauben' (Verfechter einer lockeren Geldpolitik) gegen die 'Falken' (Hardliner) ein Pyrrhussieg sein. Zum einen wurde das fragile Gleichgewicht im EZB-Rat durcheinandergebracht. ... Zum anderen muss eingestanden werden, dass Jens Weidmann wichtige Fragen gestellt hat und es trotz seines Rückzugs schwierig sein wird, diese zu umgehen.“