Wie soll die EU mit Serbien umgehen?
Während die Staaten der Europäischen Union um ein geschlossenes Auftreten gegenüber Russland nach dem Angriff auf die Ukraine bemüht sind, schert EU-Beitrittskandidat Serbien aus. Belgrad entzieht sich der Sanktionsfront und setzt auf gute Beziehungen zu Moskau. Kommentatoren fordern klare Ansagen aus Brüssel.
Selbst mit Zückerchen nicht zu locken
Die ständige Appeasement-Politik gegenüber Serbien hat nichts genützt, meint Der Standard:
„Vučić spielt erfolgreich und intelligent mit allen. Die Annahme, dass er die Haltung zu Russland oder zum Westen grundlegend ändern werde, gehört in den Bereich des naiven Wunschdenkens. … In der EU gehen manche noch immer davon aus, dass Serbien zu locken sei. Die serbische Regierung hat in den vergangenen Jahren jedoch gezeigt, dass sie nicht in die EU will. Dies ist auch zu respektieren. Auch der Krieg gegen die Ukraine hat zu keinen großen Veränderungen geführt. … Vučić will keine liberale Demokratie, sondern wie sein Kompagnon, Ungarns Premier Viktor Orbán, eine autokratische Vetternwirtschaft, die ihm und der Partei Macht verleiht.“
Trojanisches Pferd verhindern
Brüssel muss der serbischen Regierung klare Ansagen machen, meint die Neue Zürcher Zeitung:
„Es liegt auf der Hand, dass der Kreml versucht, den serbischen Hebel zu nutzen, um Europas Abwehrkraft zu schwächen. … Der Schlüssel zu einer erfolgreichen europäischen Strategie liegt in Belgrad. Dort schaltet und waltet Aleksandar Vučić fast nach Belieben. … Gegenüber Belgrad sollten die Europäer jetzt Klartext reden. Denn das Letzte, was die EU brauchen kann, ist ein trojanisches Pferd auf dem Balkan, das für Putin eine zweite Front eröffnet. Brüssel muss klare und verbindliche Bedingungen stellen. Wer als Beitrittskandidat von EU-Geldern profitiert, darf nicht länger auf zwei Stühlen sitzen, sondern muss die Sanktionen gegen Russland mittragen.“
Balkan endlich stabilisieren
Die Europäische Union muss sich im Wettstreit mit Moskau um den Einfluss auf den Balkan ins Zeug legen, drängt Pierre Haski in seiner Kolumne im Radiosender France Inter:
„Emmanuel Macron hat vergangenen Monat eine europäische politische Gemeinschaft vorgeschlagen, um den Balkanländern sowie der Ukraine und ihren Nachbarn eine Aufnahmestruktur für die Wartephase zu bieten, bis ihnen die Tür der EU zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet wird. Der Vorschlag wurde mit großer Zurückhaltung aufgenommen, doch diese Idee oder andere werden unerlässlich sein, um die zu lange vernachlässigte Region zu stabilisieren.“