Türkei: Neues Gesetz gegen "Falschinformationen"
Ein neues Mediengesetz in der Türkei sieht für die Verbreitung von "Falschinformationen" bis zu drei Jahre Gefängnis vor. Strafbar können sich nicht nur Journalisten machen, sondern auch die Nutzer sozialer Medien. Kommentatoren werfen der Regierung Einschränkung der Meinungsfreiheit vor und kritisieren das Gesetz auch im Hinblick auf die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Juni 2023.
Die Gesellschaft soll schweigen
Für Sözcü ist eindeutig, warum die AKP-Regierung im Vorfeld der Wahlen so ein Gesetz erlässt:
„Diese Regierung will keine Meinungsvielfalt im Land. Alle sollen schweigen und nur die AKP-Anhänger reden! Die Bürgerpflicht besteht im Zuhören und im Unterstützen der Regierung, ganz gleich, ob das Gesagte wahr ist oder nicht. Bürger sollen die Wahrheit nicht sehen, schreiben oder aussprechen und vor allem keine kritischen Tweets abgeben! ... Ist so etwas in einem demokratischen Rechtsstaat möglich? Natürlich nicht! Allerdings nennen wir uns nur eine Demokratie, sind es aber nicht. Mit einem verkrüppelten Demokratieverständnis gehen wir immer weiter rückwärts.“
Ein Dilemma für die Social-Media-Riesen
Bis April müssen Social-Media-Anbieter wie Twitter oder Facebook das Gesetz umsetzen, "kriminelle" Inhalte löschen, sowie die Daten der verantwortlichen Nutzer preisgeben. T24 sieht die Unternehmen in der Zwickmühle:
„Erfüllen sie die Vorschriften nicht, drohen ihnen bei einem Sieg der AKP Bußgelder sowie schrittweise Werbeverbote und die Reduktion von Bandbreiten. Mit anderen Worten, sie werden auf dem türkischen Markt kein Geld verdienen können. Wenn sie die Vorschriften erfüllen, bekommen sie jedoch andere Probleme. Sie schaffen nicht nur einen Präzedenzfall für Zugeständnisse an Regierungen, sondern sie laufen auch Gefahr, das Vertrauen ihrer Nutzer in der Türkei und allmählich auf der ganzen Welt zu verlieren.“