60 Jahre deutsch-französische Freundschaft
Mit einem Festakt in Paris haben Frankreich und Deutschland den 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags gefeiert, der als Grundstein für die Freundschaft der ehemals verfeindeten Staaten gilt. Bundeskanzler Scholz dankte Frankreich "aus ganzem Herzen". Der französische Präsident Macron sieht die Partnerländer als "Pioniere der Neugründung unseres Europas". Nicht alle Medien teilen die Euphorie.
Ein Schritt in Richtung europäische Souveränität
Macron erhielt ein Geburtstagsgeschenk, das Europa voranbringt, analysiert Die Welt:
„Wenn selbst Olaf Scholz, der sich normalerweise jede Sentimentalität verbietet, für seine Verhältnisse geradezu emotional auftritt, lässt sich daran die Bedeutung dieser Geburtstagsfeier ablesen. ... Macron bekam am Festtag auch endlich Antwort auf eine andere Frage: Fünf Jahre nach seiner ersten Sorbonne-Rede bekannte sich Scholz explizit zu Macrons Konzept der europäischen Souveränität, von der seine Vorgängerin Angela Merkel so gar nichts wissen wollte. Für Macron ist das allein ein Grund zum Feiern, für Europa ist es ein großer Schritt nach vorn.“
Andere in die Freundschaft einbeziehen
Das Führungsduo darf die Entscheidungen nicht allein treffen, mahnt Politikwissenschaftler Thibault Muzergues in Le Monde:
„Insbesondere seit dem Brexit gibt es keine ernsthafte Alternative für die Führung der EU. … Deutschland und Frankreich sind also dazu verdammt, sich trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten zu einigen. Doch dazu müssen sie ihre Beziehung nicht nur auf bilateraler Ebene, sondern auch im EU-Kontext überdenken: Denn in den letzten Jahren haben sie zu oft den Eindruck erweckt, bestimmte strategische Entscheidungen (vor allem über die Beziehungen zu China oder Russland) ohne ihre Partnerländer zu treffen.“
Die beiden Starken stärken vor allem sich selbst
Dass Paris und Berlin ein "zügiges und ehrgeiziges europäisches Handeln" bezüglich der Industriesubventionen gefordert haben, macht La Repubblica skeptisch:
„Nun drängen sie auf eine weitere Lockerung der Kartellvorschriften, damit beide, Paris und Berlin, noch mehr öffentliches Kapital zur Unterstützung ihrer Unternehmen bereitstellen können. Sollte sich die Forderung nach einem 'Freibrief' für staatliche Beihilfen durchsetzen, würden die bestehenden und neu zu schaffenden europäischen Fonds als Feigenblatt dienen, um eine faktische Renationalisierung der EU-Wirtschaft zu verschleiern. Natürlich zugunsten der Stärkeren.“