Selenskyj auf Staatsbesuch in Warschau
Polen hat Wolodymyr Selenskyj mit Orden und allen Ehren empfangen: Die offizielle Visite des ukrainischen Präsidenten war eine Demonstration enger ukrainisch-polnischer Freundschaft in schweren Zeiten. Es ging konkret um weitere Waffenlieferungen, vor allem von MiG-29-Kampfjets – aber auch darum, wie das gutnachbarschaftliche Verhältnis aussehen soll, wenn der Krieg einmal vorbei ist.
Bedeutsam über Symbolkraft hinaus
Der Besuch von Wolodymyr Selenskyj in Polen zeigt, dass die Ukraine sich mehr und mehr Polen, Skandinavien und den baltischen Staaten annähert, meint der Politologe Dmytro Lewus in Espreso:
„Der Besuch von Selenskyj in Polen ist von großer Bedeutung. Dies ist der erste große Besuch nach einer Reise in die USA und nach Westeuropa. Ich denke, dass ein Fahrplan für eine regionale Integration ausgearbeitet wird. Es geht um eine Art Bündnis zwischen den baltischen Staaten, Skandinavien, Polen und der Ukraine. Das hat einen gewissen deklaratorischen Charakter, doch wird über eine Road Map dorthin gesprochen werden. Höchstwahrscheinlich wird es auch um Zusammenarbeit im Rüstungsbereich gehen.“
Nach dem Krieg könnte es schwieriger werden
Der polnisch-ukrainische Journalist Piotr Andrusieczko sieht in Gazeta Wyborcza neben historisch guten Beziehungen auch Konfliktpotenzial:
„Natürlich hat die Ukraine keinen geografisch näheren und besseren Verbündeten [als Polen]. Ja, die Vereinigten Staaten sind der wohlhabendere Partner, aber Polen versteht uns. Wir haben viele Gemeinsamkeiten, nicht so sehr in Bezug auf die Mentalität, aber auf bestimmte gemeinsame Erfahrungen. ... Ein Problem, das stetig wachsen wird, stellen aber unsere [ukrainischen] Flüchtlinge dar, die jetzt in Polen sind. Warum? Ich glaube, dass Polen an ihrer Assimilierung interessiert ist, während die Ukraine an ihrer Rückkehr interessiert sein sollte. In der Nachkriegsperspektive könnte diese Frage heiß diskutiert werden.“
Gute Beziehungen lindern Fremdenfeindlichkeit
Gute Beziehungen zur Ukraine sind die Grundlage für anhaltende Toleranz gegenüber den Flüchtlingen aus der Ukrainer in Polen, ist Rzeczpospolita überzeugt:
„Es mag ziemlich brutal klingen, aber wahrscheinlich trifft es die Realität ganz gut: Die ukrainische Minderheit an der Weichsel ist eine Geisel der gutnachbarlichen Beziehungen zwischen Warschau und Kyjiw. Je besser sie sind, desto fester ist die Garantie, dass die Dämonen der Fremdenfeindlichkeit in Warschau nicht geweckt werden.“