Mehr Geld fürs Militär: Zeichen der Zeit oder Irrweg?
Frankreichs Militärhaushalt soll um 40 Prozent steigen, auch Dänemark hat diese Woche sein Verteidigungsbudget aufgestockt, und das EU-Parlament will die Munitionsproduktion mit 500 Millionen Euro ankurbeln. Schon im März 2022 hatte Deutschland als Antwort auf Russlands Krieg gegen die Ukraine zusätzliche 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr angekündigt. Europas Presse diskutiert, wie diese Entwicklung zu bewerten ist.
Polen verpasst eine Chance
Dass Polen nicht mit Frankreich und Deutschland mitzieht, bedauert Rzeczpospolita:
„Eine bessere Nachricht als die neue Außenpolitik der beiden wichtigsten Länder der EU kann es kaum geben. ... Allerdings gibt es einen großen Abwesenden in diesem Prozess: Polen. Dies wäre der Augenblick, in dem unser Land in den engen Kreis der wichtigsten Länder der Gemeinschaft eintreten könnte. Polen hat eine außerordentliche Bedeutung erlangt, nicht nur weil Macron und Steinmeier zugeben, dass es richtig war, jahrelang vor Russland zu warnen. Auch unsere Lage zwischen der Ukraine und Westeuropa und unser militärisches und wirtschaftliches Potenzial zählen. ... Leider hat die polnische Regierung einen anderen Weg gewählt: eine schrittweise Eskalation des Konflikts mit Deutschland und dem Rest der EU, um die PiS-Wählerschaft zu mobilisieren.“
Auch Klimapolitik ist Sicherheitspolitik
Die Pläne für die Verteidigung sollten beispielgebend für andere gesellschaftliche Bereiche sein, meint Politiken:
„Die Verteidigungspläne sind eine unumgängliche Antwort auf den Krieg in Europa. ... Für ihr resolutes Herangehen an die Stärkung der Verteidigung kann man der Regierung nur Respekt zollen. Aber Mette Frederiksen hat keine so feste Hand, wenn es um die allergrößte Krise geht: das Klima. Warum veranschlagt die Regierung nicht bis 2030 vergleichbare Summen, um den Klimakampf maßgeblich voranzutreiben? Die ökonomischen Voraussetzungen sind schließlich gegeben. ... Die Regierung vergisst, dass Klimapolitik auch Sicherheitspolitik ist.“
Aufstockung bildet Realitäten und Werte ab
In Le Monde rechtfertigen Fachpolitiker aus dem Macron-Lager Frankreichs Mehrinvestitionen:
„Das Verteidigungsgesetz 2024-2030 ist die treffende Antwort auf die strategischen Herausforderungen, vor denen Frankreich steht. Als ehrgeizige Anstrengung bereitet es den Boden für reaktivere und geschlossenere, aber auch einflussreichere Armeen innerhalb unserer Bündnisse. Die Grundzüge dieses Entwurfs entsprechen unserem strategischen Erbe sowie den Versprechen einer Republik, deren Macht stets im Dienst des Friedens und eines auf internationalem Recht basierenden Universalismus stand. Für dieses Verteidigungsgesetz werden wir stimmen. Für den Erfolg von Frankreichs Armeen, zur Abschreckung gegen Angriffe aller Art und zur Absicherung des Friedens.“
Kriegerischer Ansatz ist verheerend
Die linke Tageszeitung Il Manifesto ist angewidert:
„Die gestrige Abstimmung des Europäischen Parlaments über den Asap (Act to Support Ammunition Production) besagt, dass die nationalen Regierungen großzügig Mittel des Corona-Rettungsfonds RRF, der Teil des Aufbauplans Next Generation EU ist, für die Aufrüstung verwenden dürfen. ... Eine verheerende Entscheidung, die aber zu erwarten war, da sich keine der europäischen Führungen mit dem Problem befasst, wie die Katastrophe des russisch-ukrainischen Krieges gestoppt werden kann. Als einzige Perspektive wird offenbar, wie auch der Gipfel in Moldau zeigt, der Beitritt der Ukraine in die Nato gesehen. Als ob dies die Ukraine-Krise nicht noch weiter verschärfen würde: Putins verbrecherischer Krieg wird mit einem atlantischen Krieg beantwortet.“