Russische Drohne über Rumänien abgestürzt?

Mehrere Tage nach Hinweisen aus der Ukraine hat Rumänien nun eingeräumt, dass eine möglicherweise russische Drohne auf dem Gebiet des Nato-Landes abgestürzt sein könnte. Verteidigungsminister Angel Tilvar bestätigte, dass in der Grenzregion zur Ukraine verdächtige Trümmerteile gefunden worden seien. Die Armee werde die Funde untersuchen. Kommentatoren diskutieren Gefahren und mögliche Reaktionen.

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G4Media.ro (RO) /

Eine Riesenblamage

Bukarest hat sich völlig inkompetent verhalten, meint der Journalist Dan Tapalaga in G4Media.ro:

„Die höchsten Vertreter des rumänischen Staates haben vor der Welt zwei Tage lang Unsinn verzapft. Während die Hälfte der europäischen Anführer in Cotroceni weilten, wo der Gipfel der Drei-Meere-Initative tagt, hat sich Rumänien in großem, weltumspannendem Stil lächerlich gemacht und gezeigt, wie unfähig es ist, einen Sicherheitsvorfall zu managen und wie oberflächlich es letztendlich mit dem Krieg nebenan umgeht. … Ich kann mich an keinen beschämenderen Moment in der jüngeren Geschichte des rumänischen Staates erinnern, an eine solches Feuerwerk von Inkompetenz, von dysfunktionalen Institutionen - dieser Staat ist eine Gefahr für sich selbst.“

Adevărul (RO) /

Dringend Abfangkapazitäten aufbauen

Adevărul-Kolumnist Stefan Vlaston fordert Konsequenzen:

„Mit so viel 'verstärkter' Wachsamkeit ging es dort zu, dass das Verteidigungsministerium drei Tage lang keine Ahnung hatte, dass russische Drohnen auf rumänisches Gebiet gestürzt waren. ... Diesmal hat der russische Drohnenangriff auf ein Nato-Land keine Opfer gefordert. Aber was ist mit dem nächsten Mal? … [Rumänien] muss die Streitkräfte mit leistungsfähigen Waffen zum Abfangen und Zerstören von Drohnen ausrüsten, die sich über der Donau befinden. ... Wenn das nicht im Alleingang zu schaffen ist, muss Nato-Hilfe angefordert werden - Ausrüstung und Fachpersonal. Wir können nicht akzeptieren, dass nächstes Mal eine russische Drohne Rumänen in den Dörfern an der Grenze zur Ukraine umbringt.“

France Inter (FR) /

Jetzt wird es riskant für die Nato

Kolumnist Pierre Haski warnt in seinem France Inter-Podcast Géopolitique vor einer Eskalation:

„Seit Juli bombardieren die Russen die ukrainischen Donauhäfen Reni und Izmail im Südwesten von Odessa, nahe der rumänischen Grenze. ... Seit Beginn der russischen Invasion bauen die Ukraine und Rumänien die zuvor im Vergleich zum Schwarzen Meer vernachlässigte Exportroute [über die Donau] aus. Innerhalb von anderthalb Jahren haben die Logistikexperten wahre Wunder vollbracht. ... Das erklärt, warum Russland in dieser Region aggressiver wird. ... Das Risiko besteht darin, dass der Krieg noch näher an ein Nato-Gebiet heranrückt, für das die Beistandsklausel des Bündnisses gilt. Nato-Truppen sind in Rumänien stationiert und bereit, das Gebiet zu verteidigen.“

La Stampa (IT) /

Weit entfernt von einem Bündnisfall

Bukarest ist schon sehr bemüht, nicht allzu viel Aufheben zu machen, urteilt La Stampa:

„'Sollte sich bestätigen, dass die gefundenen Teile zu einer russischen Drohne gehören, wäre dies eine unzulässige Situation' und 'eine schwere Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Rumäniens', donnerte Präsident Klaus Iohannis. ... Doch gleichzeitig wird beschwichtigt. Der Verteidigungsminister betonte, dass er keine direkte Bedrohung für sein Land sehe. ... 'Man muss in der Lage sein, zwischen einer Aggression und einem Zwischenfall zu unterscheiden', sagte Verteidigungsminister Angel Tilvar der Nachrichtenagentur Agerpres. Worte, die das Schreckgespenst der Anwendung von Artikel 5 des Atlantikpakts, der die Nato-Länder im Falle eines Angriffs zur kollektiven Verteidigung verpflichtet, entschieden verbannen.“