EU-Außenminister in Kyjiw: Mehr als ein Symbol?
Die EU-Außenminister sind am Montag nach einer gemeinsamen Reise im Nachtzug in Kyjiw zusammengekommen - erstmals außerhalb der EU-Grenzen. Der Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem "historischen Treffen", mit dem der Ukraine Solidarität und Unterstützung gezeigt werden solle. Kommentatoren fragen sich, was der Besuch für die Ukraine und den Zusammenhalt des Westens tatsächlich bringt.
Es fehlt an politischem Mut
Bei aller Freude über das Treffen ist der EU-Beitritt der Ukraine nach wie vor ein großes Fragezeichen, meint Ukrajinska Prawda:
„Die Frage steht weiterhin im Raum, ob sich die EU erweitern wird. Die Antwort darauf gibt es noch nicht einmal in den Mitgliedsstaaten, die in Worten und Gedanken bereit sind, neue Mitglieder aufzunehmen und sogar Mechanismen dafür diskutieren. Denn um diese Gedanken in die Tat umzusetzen, fehlt es den Beteiligten nicht nur an Ideen, sondern vor allem an politischem Mut. “
Positives Klima und sonst nichts
Solidaritätsbekundungen ziehen nicht mehr, moniert Corriere della Sera:
„Anfangs sorgten solche Reisen für Aufregung, sie galten als überraschende, herausfordernde und riskante Missionen. Jetzt nicht mehr. Der Gipfel vorgestern zum Beispiel hatte kein Thema auf der Tagesordnung, das in Erinnerung bleiben sollte. In Wahrheit gab es nichts zu entscheiden und deshalb konnten die Medien der Welt von einem 'positiven Klima' berichten. Die einzige (unangenehme) Überraschung war die Abwesenheit der ungarischen und polnischen Delegierten. ... Eine größere Herausforderung wird der Gipfel sein, der morgen und übermorgen in Granada stattfindet und auf dem das Thema des EU-Beitritts der Ukraine nicht umgangen werden kann. Ist der Zeitpunkt der Entscheidung gekommen?“
Diplomatische Autosuggestion
Die Außenminister trafen sich auch zur Selbstvergewisserung, beobachtet France Inter:
„Das Symbol ist stark: Es ist das erste Mal, dass sich die europäischen Minister gemeinsam außerhalb eines EU-Landes treffen. Aber es wirkt eher wie eine diplomatische Autosuggestion nach der Methode Émile Coué: Eine Botschaft wird wiederholt, um sich selbst ebenso sehr davon zu überzeugen wie andere. Wenn die EU-Außenminister gestern in Kyjiw feierlich ihren Einsatz an der Seite der Ukraine bekräftigten, dann vielleicht deshalb, weil dieser nicht offensichtlich ist.“
Weiter Kampfjets und Geld schicken
Die EU darf ihre Hilfe nicht herunterfahren, mahnt die Stuttgarter Zeitung:
„[Putin] rechnet damit, dass mit zunehmender Dauer des Krieges die Unterstützung des Westens immer weiter nachlassen wird. ... Die EU-Unterstützung darf am Ende aber nicht nur aus warmen Worten bestehen. Will die Ukraine diesen Krieg für sich entscheiden, braucht sie von den Staaten Europas in den kommenden Monaten mehr Raketen und auch moderne Kampfjets. Auch sind die sicheren finanziellen Zusagen aus Brüssel inzwischen umso wichtiger, da die US-Hilfen wegen des Haushaltstreits in Washington in der Schwebe sind.“