EPG-Gipfel: Rückt die Erweiterung näher?
In Granada sind die Staats- und Regierungschefs aus über 40 Ländern zum dritten Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) zusammengekommen. Neben dem Krieg gegen die Ukraine und dem Bergkarabach-Konflikt steht insbesondere die Frage nach dem Wie und Wann einer EU-Erweiterung im Mittelpunkt der Gespräche. Kommentatoren sind sich nicht einig darüber, ob sich die Union mit raschen Schritten vergrößern sollte.
Neue Blockade verhindern
Die EU soll bei der Erweiterung nicht länger zögern, findet der Journalist Ovidiu Nahoi von RFI România:
„Sicher, das Treffen in Granada wird nicht die Antwort auf die heiklen Fragen der Reform der Union im Hinblick auf die Erweiterung geben. Eine politische Erklärung zum Willen für eine Erweiterung wäre in der Tat ein historischer Moment, und die EU-Staaten sollten sich darauf in naher Zukunft einstellen. Die EU-Beitrittskandidaten haben schon viel zu lange gewartet, und der Enthusiasmus für den Beitritt hat zumindest auf dem Westbalkan nachgelassen, während der Einfluss von Mächten wie Russland, China oder der Türkei dort jetzt spürbarer ist. Es ist ganz klar, die EU kann sich keine neue Blockade leisten.“
Rivalen nicht den Vortritt lassen
La Libre Belgique sieht in der EU-Erweiterung eine dringende Notwendigkeit:
„Das wiedererwachte Interesse der EU-27 an der Öffnung ihres Clubs für neue Mitglieder hat wenig mit einer romantischen Vorstellung vom europäischen Integrationsprojekt zu tun. Vielmehr entspringt es der pragmatischen Überlegung, dass, wenn die EU ihre Nachbarn auf dem alten Kontinent nicht in ihren Kreis aufnimmt, systemische Rivalen wie Russland oder China dort Fuß fassen werden, ohne dass es dadurch der EU oder den Menschen in den betroffenen Ländern besser gehen wird. In diesem Sinne ist die Erweiterung für die EU zu einer dringenden Notwendigkeit geworden.“
Kein blinder Aktionismus
L'Echo ruft trotz Zustimmung zu Vorsicht bei der EU-Erweiterung auf:
„Die grundlegende Frage, ob die EU erweitert werden muss, kann unserer Meinung nach nur mit 'Ja' beantwortet werden. Dennoch sollte dabei nicht mit geschlossenen Augen vorgegangen werden. Natürlich sind einige Beitrittskandidaten noch weit von den europäischen Standards entfernt. Es ist zum Beispiel schlicht unmöglich, das Ausmaß der Korruption in einigen dieser Länder zu ignorieren. Lassen Sie uns klarstellen: Die Aufnahme von Ländern, die die gemeinsamen Regeln missachten, ist keine Option. Diejenigen, die nicht EU-kompatibel sind, sollten weiterhin nur Zuschauer bleiben.“
Blockierer und Verzögerer werden sicher aktiv
El Periódico de Catalunya sieht Selenskyjs Forderung nach raschen Beitrittsverhandlungen auf einem schweren Stand:
„Aus Sicht der EU kollidiert das Beharren der Ukraine auf einem Verhandlungsstart noch in diesem Jahr mit einem Zeitplan, der die Zustimmung aller Mitglieder erfordert. Die Türkei weiß, dass die Aufnahme von Verhandlungen kein Erfolgsgarant ist. Es wäre sehr überraschend, wenn Regierungen wie die von Viktor Orbán die Umstände nicht ausnutzen würden, um die Verhandlungen zu blockieren oder zumindest zu verzögern. ... Dabei sollte wir nicht vergessen, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament im nächsten Jahr Euroskeptiker und Antieuropäer stärken könnten, die kaum dazu neigen, eine EU zu fördern, die noch lange keine echte politische Union ist.“
Am Ende wird Europa profitieren
Das Handelsblatt hält den EU-Beitritt der Ukraine für alternativlos:
„Um nationalistische Nachahmer abzuschrecken, darf der russische Angriffskrieg keinen Erfolg haben, muss die Ukraine dem Einflussgebiet des Kremls dauerhaft entzogen werden. Diesem strategischen Ziel dient die Perspektive des EU-Beitritts. ... Die EU hat keine andere Wahl: Sie muss vom Wirtschaftsraum zur regionalen Ordnungsmacht werden und die Kosten dafür tragen. ... Das Beitrittsverfahren löst einen Reformzwang aus - nicht nur in Kiew, sondern auch in Brüssel. Der Agrarhaushalt, die Kohäsionsfonds, das Einstimmigkeitsprinzip in der gemeinsamen Außenpolitik: Nichts kann so bleiben, wie es war. Aber am Ende wird Europa davon profitieren.“