Dagestan: Antisemitische Menge stürmt Flughafen
Bei antisemitischen Krawallen sind im russischen Machatschkala etliche Menschen verletzt worden. Eine aufgebrachte Menge hatte am Sonntagabend den Flughafen in der dagestanischen Hauptstadt gestürmt, nachdem eine Maschine aus Tel Aviv gelandet war. Kommentatoren fragen sich, wie es zu der aufgeheizten Stimmung in der muslimisch geprägten Teilrepublik im Nordkaukasus kommen konnte.
Folge der neoimperialen Ambitionen
Wprost sieht die Kremlpolitik als Ursache des wachsenden Antisemitismus:
„Das Wiederaufleben des russischen Imperialismus geht unweigerlich mit dem Schüren von tiefsitzenden antisemitischen Vorurteilen einher. Diese werden nicht nur geduldet, sondern sogar genährt, und sei es nur, um die russischen Muslime unter Kontrolle zu halten.“
Russland ist für Juden wieder gefährlich
Auch Die Welt macht Moskau verantwortlich:
„Aus Sicht des Kreml sind Juden wieder dabei, eine illoyale Minderheit zu werden, Aufwiegler, Oppositionelle, Feinde Russlands. Ob der Mann im Kreml nun selbst Antisemit ist oder nicht, die Frage ist unerheblich. Es zählt, was er tut. Für seine politischen Ziele hat er eine Welle des Judenhasses losgetreten, die Russland seit Jahrzehnten nicht erlebt hat. Schon im vergangenen Jahr legte der Oberrabbiner von Moskau Pinchas Goldschmidt sein Amt nieder und flüchtete aus dem Land. Die russischen Juden rief er zur Auswanderung auf. ... Es ist wieder so weit – Russland ist für Juden gefährlich geworden.“
Enormes Hasspotenzial
Das wird nicht das letzte Mal gewesen sein, fürchtet Schriftsteller Anatoli Nesmijan in einem von Echo übernommenen Telegram-Post:
„Dem Land ist über Jahre allumfassender Hass eingepflanzt worden. ... Jetzt steht der Staat vor einem unlösbaren Problem: Einerseits ist es schlichtweg gefährlich, die Propaganda der totalen Wut auf alles zu stoppen, da auf ihr die ganze Ideologie der Aggression und des Terrors fußt. Ihre Beendigung würde zu einem völligen Kontrollverlust führen. ... Andererseits ist es sehr riskant, diese Atmosphäre weiter anzuheizen, da verbitterte Menschen, die ein enormes Hasspotenzial angesammelt haben, nach einer Möglichkeit suchen, es herauszulassen. Der gestrige Ausbruch wird sich unweigerlich anderswo wiederholen.“
Eine schreckliche Schande
Dagens Nyheter zeigt sich besorgt über den aufbrechenden Antisemitismus nicht nur in Dagestan, sondern auch in Schweden:
„Als am vergangenen Wochenende eine Menschenmenge auf dem Sergels Torg [in Stockholm] glaubte, sie zeige ihre Solidarität mit den Palästinensern, indem sie antisemitische Parolen skandierte, beteiligte sich auch die [neonazistische] Nordische Widerstandsbewegung. Es ist schwer, sich zwei Gesellschaften vorzustellen, die weniger Gemeinsamkeiten haben als Schweden und Dagestan, aber selbst in Schweden sind die Behörden heute gezwungen, sehr konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Juden vor Gewalt zu schützen. Das ist eine schreckliche Schande.“