US-Vorwahlen: Nikki Haley gibt auf
Die Republikanerin Nikki Haley hat am Mittwoch ihren Ausstieg aus dem Rennen um die US-Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben. Beim "Super Tuesday" konnte sie nur den Bundesstaat Vermont für sich gewinnen, während ihr Konkurrent Donald Trump in 14 Bundesstaaten vorne lag. Kommentatoren fragen sich, was von dem wahrscheinlich anstehenden Duell zwischen Amtsinhaber Joe Biden und Herausforderer Trump zu erwarten wäre.
Gute Position erarbeitet
Gazeta Wyborcza schreibt Haley noch nicht ab:
„Sie hat zwar verloren, aber es ist ihr gelungen zu zeigen, dass es in der republikanischen Wählerschaft dennoch eine ganze Reihe von Menschen gibt, die das Kapitel Trump gerne abschließen würden. Haley ist noch relativ jung und hat sich im Hinblick auf die Wahl 2028 eine gute Position erarbeitet. Wenn Trump dieses Jahr gewinnt, kann er bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten, da die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsieht. Wenn er verliert, wird Haley sagen können, dass es richtig gewesen wäre, von vornherein auf sie zu setzen.“
Trump auf dem roten Teppich
In der Art und Weise wie Haley aussteigt, zeigt sich für Zeit Online die Dominanz der Trump-Bewegung:
„Selbst wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass sie in diesem Wahlkampf noch eine aktive Rolle spielen wird, etwa als Trumps Vizepräsidentschaftskandidatin, versucht sie noch im Abgang zu vermeiden, Trump-Wähler zu verprellen. ... Dieser Tag war ein Tiefpunkt dieses Wahlkampfs. Nicht, weil Haley als Präsidentin wünschenswert gewesen wäre. Sondern, weil sich jetzt vor Trumps Augen ein roter Teppich entrollt. In den kommenden Monaten wird er ihn abschreiten wie der König, als der er sich sieht. Als habe es eine Nikki Haley nie gegeben.“
Eine Wahl mit vielen Unbekannten
Für Polityka ist auch nach dem Rückzug Haleys alles offen:
„Das bedeutet nicht, dass für Trump alles glatt läuft. Die Tatsache, dass Nikki Haley in einigen der größeren Bundesstaaten viele Stimmen erhalten hat, bestätigt, dass nicht alle Republikaner ihn zurück im Weißen Haus haben wollen. Das Lager der Demokraten hofft, dass diese Wähler, die den traditionellen Werten ihrer Partei verbunden sind, wie der Achtung demokratischer Grundsätze und der Unterstützung der US-Verbündeten in der Welt, im November für Biden stimmen werden. Darauf deuten einige Umfragen hin, die besagen, dass etwa 30 Prozent von Haleys Anhängern zum Lager der Demokraten wechseln werden. Der Rest wird entweder am Wahltag zu Hause bleiben oder einen unabhängigen Kandidaten unterstützen.“
Traurige Politikkultur
Sehr ernüchtert von der Qualität der Kandidaten und ihrer Debatte ist Politikanalyst Valentin Naumescu bei Contributors:
„Am 5. November werden sich dieselben beiden älteren Männer zum zweiten Mal gegenüberstehen, die inzwischen körperlich aber auch geistig völlig anfällig geworden sind – der eine dann 82 Jahre, der andere 78 Jahre. ... Joe Biden ist zweifellos politisch viel rationaler, erfahrener und kenntnisreicher als Donald Trump, aber das hilft der Qualität der amerikanischen politischen Debatte wenig. Denn es gibt schon lange keinen Austausch mehr, sondern nur noch Monologe, die darauf abzielen, die gegnerische Option 'abzuschaffen'. Keine neue Figur in den beiden Parteien hat es geschafft, die Barriere der US-Vorwahlen zu durchbrechen, da keiner über genügend Ressourcen verfügt.“
No Country for Old Men
Ein offenes Rennen zwischen Biden und Trump sieht De Morgen:
„Die beiden müssen sich jetzt schon Sorgen machen über die Gespaltenheit in ihren Parteien und über Wähler, die am 5. November zu Hause bleiben oder dritte Kandidaten wählen werden. ... Einige werden im November in mehreren Staaten auf dem Wahlzettel stehen. Sie könnten Kingmaker werden, wenn es in den Schlüsselstaaten auf ein paar tausend Stimmen ankommt. ... Diese Vorwahlen beweisen, dass ungebundene Amerikaner entscheiden können, wer das Weiße Haus bekommt und wer nicht. Viele sind junge Leute, die ein Problem mit dem Alter beider Kandidaten haben. Die USA sind durch schnelle demografische Veränderungen eigentlich 'No Country for Old Men'.“
Dunkle Zeiten stehen bevor
Milliyet sieht Trump schon als neuen Präsidenten:
„Wenn man bedenkt, dass Trump nach seinem Sieg bei den Vorwahlen am Super Tuesday mit keinen Mitteln mehr aufzuhalten ist, können wir nicht mal ahnen, wohin dieser ignorante und dreiste Kaiser das US-Imperium ziehen wird. So viele sagen voraus, dass Trump dieses Mal nicht gekommen ist, um die USA zu regieren oder – wie er 2016 erklärte –, Amerika wieder groß zu machen, sondern um sich an der demokratischen intellektuellen Elite zu rächen, die ihn durch die Gerichtsgebäude schleifte, sowie an den Europäern, die an der Demokratischen Partei und Biden festgehalten haben. ... Es ist nicht schwer vorherzusagen, dass die USA im neuen Jahr eine Zeit des Chaos, der Spaltung und der Dunkelheit erleben werden.“