EU-Gericht kippt Sanktionen gegen russische Oligarchen
Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg hat Sanktionen aufgehoben, die die EU zwischen Februar 2022 und März 2023 gegen die russischen Oligarchen Michail Fridman und Pjotr Awen verhängt hatte. Der Rat der EU habe damals keine hinreichenden Belege für die Aufnahme der beiden Alfa-Bank-Hauptaktionäre in die Sanktionsliste geliefert. Spätere Sanktionsbeschlüsse betrifft das Urteil allerdings nicht.
Die Unschuldsvermutung gilt für alle
Für die Süddeutsche Zeitung ist die richterliche Entscheidung zu begrüßen:
„Denn: Der EU-Ministerrat hat es sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 angewöhnt, ziemlich locker mit dem Austeilen von Wirtschaftssanktionen zu verfahren. Dabei werden die Vermögen von Personen komplett eingefroren, die Personen dürfen nichts mehr verkaufen, nichts mehr vermieten, niemand darf mit ihnen mehr wirtschaftliche Beziehungen eingehen. Es ist ein kompletter Bann - oft auf dünner Grundlage. ... So richtig die Ziele sind, welche die EU mit ihrer Sanktionspolitik verfolgt: Das geht nicht. So eine Vorgehensweise haben Rechtsstaaten nicht nötig. ... Von der Unschuldsvermutung bliebe wenig übrig, wenn der EU-Ministerrat hier so locker durchregieren könnte.“
Mit Geld und teuren Anwälten geht alles
In einem von Echo übernommenen Post auf X kritisiert Julia Nawalnaja den Spruch:
„Weder Fridman noch Awen haben sich gegen den Krieg geäußert oder versucht, ihn zu beenden - sie haben lediglich sehr teure Anwälte engagiert und gute Lobbyisten gefunden. Russische Kriegsgegner in Europa stehen vor vielen Problemen, aber für russische Oligarchen lässt sich alles leicht mit Geld lösen. Der Krieg geht nun schon ins dritte Jahr. In dieser Zeit hat sich kein konkreter Mechanismus für die Verhängung oder Aufhebung von Sanktionen etabliert. Entscheidungen werden nach dem Prinzip 'Wer als erster anklopft' getroffen. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Fridman und Aven ist schädlich. Sie schwächt die Antikriegsbewegung und hilft Putin, länger an der Macht zu bleiben.“
Kaum Chancen beim nächsten Prozess
Das Urteil bedeutet nicht, dass die beiden Oligarchen den Sanktionen entkommen können, erklärt Ukrajinska Prawda:
„Die Europäische Union hat bereits an ihren Fehlern gearbeitet, sodass selbst Fridman und Awen keine guten Chancen haben, den nächsten Prozess zu gewinnen. Seit 2023 hat die EU das Recht, Sanktionen gegen jeden russischen Geschäftsmann zu verhängen, und die Brüsseler Juristen konnten bereits die ersten Gerichtsentscheidungen zur Kenntnis nehmen, die die Effektivität des neuen Modells beweisen. Daher gibt es für die Oligarchen derzeit nur zwei Möglichkeiten, Sanktionen zu entgehen: den Tod oder eine öffentliche und systematische Verurteilung des Vorgehens des Kremls gegen die Ukraine. Nicht viele sind zurzeit bereit, eine dieser Möglichkeiten zu nutzen.“