Neue Pushback-Vorwürfe gegen Griechenland
Eine Recherche der BBC beschuldigt die griechische Küstenwache, in 15 Fällen von 2020 bis 2023 für den Tod von über 40 Migranten verantwortlich zu sein, die aus den Hoheitsgewässern gebracht wurden sein sollen. In mindestens fünf Fällen seien Menschen ins Meer geworfen worden. Europas Presse beschäftigt sich mit diesen Fällen, aber auch mit Pushbacks an anderen EU-Außengrenzen.
Menschlichkeit über Bord geworfen
Solche Grenzschutz-Praktiken sind nicht zu rechtfertigen und kompromittieren Europa, klagt NRC:
„Eine einfache Lösung für europäische Asylprobleme gibt es nicht. Natürlich dürfen die EU und ihre Mitglieder selbst entscheiden, wer reinkommt und wer nicht. Außerdem ist es an sich ein legitimes politisches Ziel, die Zahl der Asylanträge in den Griff zu bekommen oder Bedingungen an die Asylverfahren zu knüpfen. Was jetzt aber an den Grenzen von Europa geschieht, ist unakzeptabel und unmenschlich. Mit den Migranten, die über Bord geworfen werden, wird auch alles über Bord geworfen, wofür die EU stehen sollte.“
Immer wieder die gleiche Reaktion des Staates
Die linke Tageszeitung Avgi errinert an einen früheren Fall eines Bootsunglücks mit Migranten, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als unterlassene Hilfeleistung klassifizierte:
„Es ist eine traurige Wiederholung von Ereignissen und Reaktionen, aus denen nie eine Lehre gezogen wurde. So hören wir, wie man die BBC für das angreift, was sie über die Verantwortung des Staates im Fall des Schiffsunglücks von Pylos enthüllt, und reflexartig gehen die Gedanken zurück in die Zeit, als eine andere Regierung auf fast dieselbe Weise auf die Anschuldigungen über das Schiffsunglück in Farmakonisireagierte. Obwohl es einen großen Unterschied in der Anzahl der Toten gibt, haben wir genau die gleiche und unveränderte politische Reaktion seitens der Regierung in Bezug auf die Umstände und Verantwortlichkeiten der beiden Schiffsunglücke.“
Angriff auf Kernwerte der EU
Griechenland ist kein Einzelfall, mahnt Trouw und verweist darauf, dass auch unter der neuen polnischen Regierung Pushbacks an der Grenze zu Belarus stattfinden:
„Das schlichte Ignorieren europäischer Werte und Regeln schädigt langfristig die Kernwerte der gesamten EU. Denn wenn sich Länder bei dieser Frage nicht um die EU scheren, was sollte sie dann daran hindern, das nicht auch bei anderen Fragen zu tun, wenn die Rechte von Nicht-Migranten auf dem Spiel stehen? Die Pushbacks haben gezeigt, dass unbestraft bleibende Verstöße ansteckend wirken. Die Pushbacks dürfen daher nicht nur als eine Frage gesehen werden, die sich am Rande von Europa abspielt, sondern als eine Bedrohung der Kernwerte der EU.“
Nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen
Kaleva sieht das von der finnischen Regierung geplante Pushback-Gesetz, das internationalen Abkommen widerspricht, problematisch:
„Es liegt im Sicherheitsinteresse kleiner Länder, dass versucht wird, eine Weltordnung mit verlässlichen Abkommen zu schaffen. Deshalb ist es riskant, selbst internationale Verpflichtungen zu brechen und anderen ein Beispiel dafür zu geben, dass sie nicht zählen. Die Ostgrenze Finnlands ist seit mehr als sechs Monaten geschlossen. Die Lage Finnlands als Nachbar Russlands ist natürlich außergewöhnlich und die geschlossene Grenze kann als Ausnahme in Europa betrachtet werden. Ein Grenzgesetz sollte die Möglichkeit bieten, die Grenze in begrenztem Umfang und auf sinnvolle Weise zu öffnen, insbesondere, um Kontakte zwischen den Menschen zu erleichtern.“