Acht Jahre nach dem Brexit-Votum: Quo vadis, UK?
Am 23. Juni 2016 stimmten die Briten in einem Referendum für den Austritt aus der Europäischen Union. Am 31. Januar 2020 wurde die Scheidung dann nach vielen Verhandlungen und langem Hin und Her endgültig vollzogen. Kommentatoren beleuchten den folgenschweren Entschluss vor allem vor dem Hintergrund der vorgezogenen britischen Parlamentswahl am 4. Juli.
Hauptsache, wir haben wieder die Kontrolle
Für The Daily Telegraph ist der Brexit eine Erfolgsgeschichte:
„Allzu oft wird behauptet, dass der Brexit ein Misserfolg war. Das stimmt nicht. ... Wir haben durch den EU-Austritt etwas von unermesslichem Wert zurückgewonnen: Die Fähigkeit, wieder unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, auch wenn das bedeutet, dass wir gelegentlich unsere eigenen Fehler machen. Als wir noch in der EU waren, lag die Kontrolle über unsere Grenzen, die Handelspolitik, Regulierung, die Landwirtschaft nicht mehr in den Händen unseres Parlaments, sondern in denen einer undurchsichtigen und undurchschaubaren Maschinerie. ... Der Brexit hat nicht alle Hoffnungen erfüllt, aber wir haben unsere Demokratie zurückgewonnen und wieder die Kontrolle.“
Zeit für einen Neustart
Unter Labour wird man wieder auf eine deutlich bessere Beziehung zur EU hoffen dürfen, freut sich Irish Independent:
„Eine Rückkehr des Vereinigten Königreichs in die Europäische Union steht in absehbarer Zeit nicht an. Aber das bedeutet nicht, dass gute Nachbarn nicht zusammenarbeiten können. ... Die britische Labour-Partei steht kurz davor, mit großer Mehrheit an die Macht zurückzukehren. Ihre Führung ebnet bereits den Weg für bessere Beziehungen zur EU. ... Johnsons Slogan bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2019 lautete 'Get Brexit Done'. Das Mantra von Labour-Chef Keir Starmer scheint zu lauten: 'Get Brexit Fixed'.“
Brexit-Kosten kann man nicht wegzaubern
Die von der Labour-Partei geplanten Maßnahmen zur Annäherung an Brüssel werden die negativen Folgen des Brexits kaum wettmachen, so The Observer:
„Die Wahrheit ist, dass solche Schritte zwar zum Aufbau positiver Beziehungen beitragen können, aber angesichts der 2 bis 4 Prozent, um die der Brexit das langfristige BIP wahrscheinlich drücken wird, wohl kaum das Wachstum ankurbeln werden. Durch den Brexit wurden erhebliche nichttarifäre Handelshemmnisse für Exporte und Importe zur EU geschaffen. Neue Handelsabkommen mit Japan, Australien und Neuseeland dürften das BIP im Vergleich dazu nur geringfügig erhöhen. ... Boris Johnsons versprochenes wirtschaftliches Paradies des Wachstums, angetrieben durch regulatorische Freiheit von der EU, ist einfach nicht eingetreten.“