J. D. Vance: Wer ist Trumps Vize-Kandidat?
Auf dem Parteitag der Republikaner ist J. D. Vance zum Vizepräsidentschaftskandidaten für die Wahl im November gekürt worden. Der 39 Jahre alte Senator aus Ohio war früher ein scharfer Kritiker von Donald Trump. Kommentatoren fragen sich, wofür der aus armem Hause stammende Yale-Absolvent und Finanzmanager steht.
Das war's schon wieder mit Versöhnung
Mit dem Innehalten nach dem Attentat ist es offenbar wieder vorbei, stellt der Tagesspiegel fest:
„Skeptische Langzeitbeobachter der USA zweifelten, Zyniker wetteten – wie lange würde der versöhnliche Ton wohl halten? Donald Trumps Antwort 48 Stunden später: Er nominiert J. D. Vance als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten. Von den drei Favoriten, die Trump in die engere Wahl gezogen hatte, ist der Senator aus Ohio der vehementeste Scharfmacher. ... Trumps Entscheidung für Vance als Vize ist eine Richtungsentscheidung. Für Populismus, für Spaltung und im Zweifel selbst für Rechtsbruch im Dienst der angeblich guten Sache. Das war’s also schon wieder mit der kurzen Hoffnung auf Versöhnung der gespaltenen Nation.“
Der ideale Präsidentschaftskandidat für 2028
Naftemporiki urteilt über Vance:
„Er sagt, er wolle die amerikanische Lebensweise retten und 'die Eliten erschüttern'. Er versteht die Wut der weißen Arbeiterklasse, die sich in der Globalisierung verloren fühlt und in Trump eine Gelegenheit zur Rache sieht. Dieses Narrativ könnte nicht nur bei den Stammwählern der Republikaner Anklang finden, sondern auch bei einigen unentschlossenen Wählern, die das politische Drama in Amerika satt haben. ... Sollte Trump die Wahl gewinnen, wird Vance auch im Rennen um die Nachfolge an vorderster Front stehen. Er wäre der ideale Präsidentschaftskandidat für 2028, wenn Trump nicht mehr für eine dritte Amtszeit kandidieren kann.“
Könnte erst der Anfang der Probleme sein
Mit großer Sorge blickt Berlingske auf Vances Ernennung:
„Wir in Europa müssen äußerst besorgt sein und dürfen uns nicht täuschen: Wenn Trump glaubt, dass die Europäer schwach und rückgratlos sind, wenn es darum geht, zu ihrer eigenen Verteidigung beizutragen, dann ist auch Vance auf diesem Weg. ... Auch für die Demokraten sieht es nicht rosig aus. Vance ist hochbegabt und ein fantastischer Debattierer, der mit 39 Jahren die Zukunft vor sich hat. ... Vance als Vizepräsidentschaftskandidat ist ein Signal dafür, dass Trumps politische Bewegung nicht mit ihm enden wird, es könnte erst der Anfang einer problematischen Entwicklung für die nächsten Jahrzehnte sein.“
Populist und Protektionist
Vance nutzt Trump, findet ABC:
„Manche glauben, dass hinter der Wahl Trumps Wunsch steckt, die Republikaner vom traditionellen Konservatismus weg und auf einen rein populistischen Weg zu bringen. ... Die Wahl verjüngt das Wahlticket (Vance ist 39) und erweitert Trumps Profil. ... Es ist bekannt, dass Vance ein streitbarer Abtreibungsgegner ist, während Trump der Meinung ist, dass die Legalisierung der Abtreibung in den Staaten respektiert werden sollte. ... Das Besorgniserregendste an Vance sind seine internationalen Standpunkte. ... Er hat gesagt, dass ihm der Krieg in der Ukraine egal ist und er ist dagegen, der Regierung von Wolodymyr Selenskyj, den er der Korruption beschuldigt, weiter zu unterstützen. Er ist ein echter Protektionist und überzeugter Verfechter des Isolationismus.“
Nichts als ein Wendehals
Vance gilt zwar als entschiedener Gegner der Ukraine-Unterstützung, doch seine Position ist nicht in Stein gemeißelt, schreibt gazeta.ua:
„Vance kann seine Haltung um 180 Grad ändern und hat dies auch schon getan. Er ist in erster Linie ein Beispiel für klassischen Karrierismus und nutzt Gelegenheiten, um Vorteile zu erhalten. Das bedeutet, dass nichts von dem, was er über die Ukraine gesagt hat, unveränderlich oder kanonisch ist. Vance plappert einfach Trump nach. Und dessen Politik war noch nie von Konsequenz und Verantwortungsbewusstsein geprägt. Würde Trump also sagen, dass die Ukraine ein Vorposten der demokratischen Welt ist, würde auch Vance beginnen, uns glühend zu unterstützen.“