Boris Johnsons Zukunftspläne für die Ukraine
Ein Zeitungskommentar des britischen Ex-Premiers Boris Johnson hat in der Ukraine eine Debatte ausgelöst. Johnson hatte in der Daily Mail dargestellt, wie Donald Trump im Falle eines Wahlsiegs den russischen Angriffskrieg beenden könnte. Die Ukraine müsse durch Aufrüstung befähigt werden, das Territorium in den Grenzen von 2022 zurückzuerobern – dafür allerdings auf die übrigen Gebiete verzichten. Am Ende stünde ein Beitritt in Nato und EU.
Was Churchill dazu sagen würde
Iryna Heraschtschenko, Abgeordnete der Partei Europäische Solidarität, zeigt sich in Espreso empört:
„Es ist seltsam, dass solche Dinge von einem Politiker geschrieben werden, der Churchill bewundert. ... Dieser hatte zu Recht darauf hingewiesen, dass, wenn man zwischen Krieg und Schande die Schande wählt, man sowohl die Schande als auch den Krieg bekommt. Johnson schlägt den Ukrainern vor, die Schande zu wählen. ... Johnson schlägt Großbritannien, den USA, der Nato, der EU und der ganzen Welt vor, die Schande zu wählen und dann einen Krieg zwischen Russland und dem Nato-Bündnis zu bekommen. Denn Russland wird die Abtretung der ukrainischen Gebiete als Schwäche der Nato empfinden und mit Sicherheit versuchen, neue Gebiete im Rahmen der 'Entnazifizierung' Lettlands oder Litauens, Estlands oder Polens abzutrennen.“
Weder Trumps noch Putins Plan
Blogger Anton Schwez zweifelt in Telegraf an der Umsetzbarkeit:
„Der Plan sieht nicht realistisch aus. Es wird für die USA sehr schwierig sein, ihn SCHNELL umzusetzen, denn er passt Putin in keiner Weise. Daher müsste Russland ein sehr starker Schlag versetzt werden, der das Regime kurz vor den Zusammenbruch bringen würde. Die ukrainische Armee müsste Russland sozusagen zeigen, wie die USA kämpfen. Ohne die USA. So einfach ist das nicht. ... Es sieht bislang nach Johnsons Plan für Trump aus und nicht nach Trumps Plan.“
Zeit, über rote Linien nachzudenken
Blogger Walerij Pekar fordert in Gordonua.com eine echte Debatte über die Kriegsziele:
„Das ukrainische Problem besteht darin, dass es bei uns weder Kommunikation zwischen der Regierung und der Gesellschaft noch eine Diskussion innerhalb der Gesellschaft darüber gibt, was als Sieg und was als Niederlage zu betrachten ist, wo unsere roten Linien sind. ... Die ständige Wiederholung über die Grenzen von 1991 ist schon lange nicht mehr nützlich, sondern schädlich: Das zeigt den Ukrainern, dass es keine Vision für den Sieg gibt, und der Welt – dass wir um Territorien kämpfen, aber nicht für die Menschen und nicht für den Erhalt des Staates und der Identität.“