Harris wählt Walz: Kann das Duo überzeugen?

Kamala Harris hat sich für den Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, als Kandidat für das Amt des US-Vizepräsidenten entschieden. Unmittelbar danach startete das Demokraten-Duo die Wahlkampftour mit einem Auftritt in Pennsylvania, einem der für die Präsidentschaftswahl im November bedeutenden Swing States. Nicht alle Kommentatoren sehen in Walz die beste Option.

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The Times (GB) /

Volksnaher Typ, der auch mal am Auto schraubt

The Times hält Walz für eine gute Wahl:

„Walz' Vergangenheit als Militärveteran, Highschool-Lehrer und Football-Trainer ist Teil seiner Anziehungskraft. Seit seinem Einstieg in die Politik von Minnesota hat er ein Händchen dafür bewiesen, in ländlichen, konservativen Teilen des Bundesstaats zu gewinnen. ... Videoclips, in denen der Gouverneur unterwegs auf Wahlkampftour kleine Reparaturen an seinem Auto durchführt, sind viral gegangen. ... Die Wahlkampfleitung glaubt, dass Walz' volksnaher Jedermann-Charme über Minnesota hinaus Anklang finden wird und auch bei gemäßigten Republikanern und unabhängigen Wählern in Kleinstädten und ländlichen Gebieten im ganzen Land auf Resonanz stößt.“

Frankfurter Rundschau (DE) /

Demokraten beginnen neue Ära

Die demokratische Partei lebt ja doch, freut sich die Frankfurter Rundschau:

„Die zweite Reihe ist nicht verwaist, sondern vielmehr gibt es in eminent wichtigen Swing States fähige Leute. Das ist eine gute Nachricht für die US-Demokraten, aber auch für die US-Demokratie. ... Für die US-Gesellschaft ist es eine weitere gute Nachricht, dass die Partei damit einen dringend notwendigen Schritt in Richtung einer Ära nach Barack Obama, Hillary Clinton und nun auch Joe Biden unternimmt. ... Dank ... der öffentlichen Wahrnehmung relativ neuer Namen aus Arizona, Kentucky, Pennsylvania und vor allem Minnesota hat sich das Feld erweitert, deutlich über die Washingtoner Blase hinaus.“

Berlingske (DK) /

Zu progressiv für die US-Bürger

Walz wird in Dänemark mehr Sympathien hervorrufen als in den USA, glaubt Berlingske:

„Es ist vorhersehbar, dass die dänischen Medien jubeln werden. Das Problem ist, dass Walz in den Vereinigten Staaten gewählt werden muss. Nicht in Dänemark. Viele Amerikaner werden seine fortschrittlichen Ansichten mit tiefer Skepsis betrachten. ... Nun haben die Demokraten zwei nahezu gleichaltrige Personen gewählt, die in wichtigen Bereichen einige der wichtigsten Anliegen und Hoffnungen der republikanischen Wähler nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht zuletzt für die enorme Frage der Grenze zum Süden, wo die Demokraten nach vier Jahren ohne große Aktionen ein Glaubwürdigkeitsproblem gegenüber den amerikanischen Wählern haben.“

Upsala Nya Tidning (SE) /

Schweden haben allen Grund, nervös zu werden

In Schweden versteht man wenig davon, wie US-Wahlen entschieden werden, stellt Upsala Nya Tidning fest:

„Der Ukraine-Krieg und die Nato-Mitgliedschaft bedeuten, dass es wirklich Grund gibt, am ersten Dienstag im November als Schwede an den Fingernägeln zu kauen. Daher ist es seltsam, dass schwedische Nachrichtenkonsumenten so wenig über das erfahren, was wie immer die amerikanische Präsidentschaftswahl bestimmt: die Innenpolitik. ... Die Trump-Seite wird in Schweden als aggressiv und teilweise skurril wahrgenommen. Völlig zu Recht ist das auf der anderen Seite des Atlantiks ebenso. Der Unterschied besteht darin, dass in den USA viele auch die linken Genossen von Harris als aggressiv und skurril wahrnehmen und wir das kaum erkennen.“

Le Soir (BE) /

Beunruhigende Polarisierung

Harris richtet die Demokraten stärker nach links aus, derweil sind Trump und Vance das konservativste republikanische Duo seit Jahrzehnten, beobachtet Le Soir und hält das für gefährlich:

„Diese politische Polarisierung in den USA ist ziemlich beunruhigend. In Washington lähmt sie regelmäßig die Bemühungen um gesetzgeberische Kompromisse und bringt Politiker dazu, ihre Ziele außerhalb der blockierten Institutionen zu verfolgen, unter anderem über die - ebenfalls politisierten - Gerichte, was die Ablehnung der demokratischen Institutionen nur noch weiter schürt.“