Moldau: Was bedeutet der Wahlsieg von Maia Sandu?
Maia Sandu bleibt Präsidentin in Moldau. Bei der Stichwahl lag die prowestliche Staatschefin rund zehn Prozentpunkte vor dem prorussischen Herausforderer Alexandr Stoianoglo. Bei einem parallel zum ersten Wahlgang durchgeführten Referendum am 20. Oktober hatte sich eine hauchdünne Mehrheit der Bürger dafür ausgesprochen, den EU-Beitritt als unabänderliches Ziel in die Verfassung zu schreiben. Kommentatoren schauen besorgt auf ein gespaltenes Land.
Das gefährliche Bild eines zweigeteilten Landes
Das Abstimmungsverhalten in unterschiedlichen Landesteilen besorgt Florin Negruțiu auf republica.ro:
„Der größte Sieg Russlands in der Republik Moldau besteht darin, ein Bild eines zweigeteilten Landes zu vermitteln und den Eindruck eines Bürgerkrieges zu erwecken. Es gibt Bezirke in Moldau, da wurde wie in Russland gewählt. In Moskau sah ich eine Wahlkarikatur mit sowjetischen Tänzen, Liedern und Moldauern, die davon träumen, in der UdSSR zu leben. In der Republik Moldau schockieren der Kontrast zu Gagausien (wo Stoianoglo 97 Prozent holte), Taraclia (für Stoianoglo 94 Prozent), Ocnița (74 Prozent), Briceni (71 Prozent) oder Edineț (67 Prozent). Für Maia Sandu und Europa haben die Hauptstadt Chișinău und die Diaspora gestimmt.“
Pro-europäische Diaspora ist nicht käuflich
Der Analyst Laurențiu Pleșca betont auf agora.md die wirtschaftliche und politische Bedeutung der im Ausland lebenden Moldauer für ihr Land:
„Die Diaspora spielt durch ihre Geldsendungen und Investitionen in lokale Unternehmen eine zentrale Rolle für die Entwicklung Moldaus. Auch wenn sie fernab leben, halten die Moldauer der Diaspora Kontakt mit ihrem Land, tragen durch ihre Stimmabgabe aktiv zum demokratischen Prozess bei. Ihre Stimme kann nicht, wie die Stimmen zu Hause, gekauft werden. Die Diaspora hat oft Wahlergebnisse zugunsten pro-europäischer Reformen beeinflusst, weil sie wollen, dass Moldau zur europäischen Gemeinschaft gehört. … Der Grund, warum die Mehrheit pro-europäisch stimmt, ist: Sie wollen mit ihrer Stimme Europa zu sich nach Hause bringen.“
Die EU darf nicht aufgeben
Dass EU-Befürworter bei Referendum nur knapp gewonnen haben, sollte der EU zu denken geben, warnt La Croix:
„Das zeigt, wie leicht die von der europäischen Perspektive geweckten Hoffnungen an der Realität eines schwierigen Alltags und an den von Moskau aus gesteuerten Informationsmanipulationen zerschellen. ... Die europäische Unterstützung für Kyjiw ist ungebrochen, reicht aber nicht aus, um einen Sieg zu erringen. Zwei Jahre nach der gewaltigen Welle der Solidarität, die sich von West nach Ost über den gesamten Kontinent erstreckte, dominieren Zweifel und Ermüdung. ... Die EU darf jedoch nicht in Resignation verfallen. ... Die Zukunft unserer Demokratien entscheidet sich weiterhin in diesen Grenzgebieten, die dem russischen Imperialismus gegenüberstehen. Der Widerstand muss entschlossen und hartnäckig sein.“
Friedenskurs besser kommunizieren
Sandu hätte im Wahlkampf ihre Position noch viel deutlicher machen sollen, kritisiert der Rumänische Dienst der Deutschen Welle:
„Jene, die dem Wahlteam der Staatschefin vorwerfen, man hätte das russische Narrativ 'Maia Sandu bedeutet Krieg' nicht genügend bekämpft, haben Recht. Denn Sandu hat den Wähler nicht erklärt, dass es genau umgekehrt ist. Sie hat auch nicht ausreichend die Bemühungen der aktuellen Regierung kommuniziert, den Frieden in der Republik Moldau zu erhalten. Wir waren froh, in solch schweren Zeiten nicht mehr [den pro-russischen Ex-Präsidenten Igor] Dodon an der Spitze des Staates zu haben, der eine Rotation und Konsolidierung der russischen Truppen in Transnistrien für einen Angriff auf die Ukraine von der Rückseite zugelassen hätte.“