X-Boykott: Hilft das gegen die Fake-News-Flut?
Nach der Ankündigung, dass Elon Musk die US-Behörden unter Donald Trump "effizienter" machen soll, lassen der britische Guardian und die spanische Zeitung La Vanguardia ihre X-Accounts ruhen. Musk hatte das damalige Twitter 2022 gekauft und sieht sich seither dem Vorwurf gegenüber, zu wenig gegen Fake News auf der Plattform zu unternehmen. Europas Presse diskutiert kontrovers, ob der Rückzug der richtige Weg ist.
Echokammern für Gleichgesinnte
Statt Meinungsvielfalt gibt es in sozialen Medien zunehmend Segregation, beklagt The Guardian:
„Plattformen kommen und gehen, aber dieses Mal fühlt es sich anders an - nämlich wie das endgültige Ende der Vorstellung, dass soziale Medien jemals der Marktplatz des Internets sein könnten, ein globaler Treffpunkt für Ansichten und Weltsichten, der unseren Horizont erweitern würde. Jetzt sieht es eher so aus, dass soziale Medien künftig immer mehr wie Fußballstadien sein könnten: Um die Sicherheit der Besucher zu garantieren, werden sie wie rivalisierende Fans voneinander getrennt. X für die Rechten und die Wütenden. Bluesky für die Zentristen und Politikfreaks. Threads oder Instagram für jene, die Politik hassen. Die Gen Z tummelt sich auf Tiktok, die Babyboomer auf Facebook.“
Ausstieg hilft nicht gegen Hass von rechts
El País findet die Schließung von X-Konten falsch:
„Viele von uns wollen aussteigen, weil X von Desinformation und rechtsgerichteten Veröffentlichungen überschwemmt wird. Wird also der massenhafte Ausstieg der Nutzer aus der Plattform die Situation verbessern? Wird eine Zeitung, die aufhört, Nachrichten von Journalisten in diesem sozialen Netzwerk zu veröffentlichen, der Desinformation ein Ende setzen? Um das Gift und die Desinformation in den Netzwerken einzudämmen, sollten Hassbotschaften angeprangert und wahrheitsgemäße Nachrichten verbreitet werden. Um das zu erreichen, ist nichts schlimmer, als dass diejenigen, die sich positive soziale Netzwerke wünschen, diese aufgeben.“
Wenig konstruktiv
Politis kritisiert die Entscheidung:
„Leider ist die Reaktion des Guardian ein weiterer Anlauf großer Medienunternehmen, die sozialen Medien zu bekämpfen, indem sie versuchen, diese mit Abgängen platt zu machen und die Öffentlichkeit vor das Dilemma 'entweder sie oder wir' zu stellen. ... Natürlich sollten die Regierungen endlich Regeln für Plattformen wie X, Facebook und Tiktok aufstellen, damit Fake News dort nicht derart gedeihen können. Aber der Abgang des Guardian zeigt, dass die Medien nie in diese Richtung gedrängt haben. Sie nutzten einfach die Gelegenheit der US-Wahl, um der Plattform einen Schlag zu versetzen.“
Wo bleibt Europas Raum für öffentliche Debatten?
Auch die Journalistin Irene Lozano hat X verlassen und teilt ihre Gedanken dazu bei eldiario.es:
„Zu Bluesky zu wechseln scheint ein Verlust zu sein (in meinem Fall von fast 35.000 Followern auf Null). Aber es ist wie in jeder toxischen Beziehung. Wenn man geht, vermisst man die Krümel, die sie einem gegeben hat, aber wenn man bleibt, verliert man viel mehr: die Chance einer neuen, gesunden Beziehung. ... Die Tatsache, dass Bluesky ein Zufluchtsort ist, offenbart auch das Versagen Europas, einen eigenen Raum für öffentliche Debatten zu schaffen.“