Kabelriss in der Ostsee: Sabotage durch Öltanker?
An Weihnachten wurde Estlink 2, eine Stromleitung zwischen Finnland und Estland, gekappt und weitere Kabel beschädigt. Der aus Russland kommende Öltanker Eagle S wurde mit abgerissenem Anker von der finnischen Küstenwache festgesetzt, gegen sieben Crewmitglieder wird ermittelt. Europas Medien sehen Moskaus 'Schattenflotte' nun auch als Mittel zur hybriden Kriegsführung - und fordern ein härteres Vorgehen.
Richtige Reaktion ist schwierig, aber notwendig
Eesti Päevaleht mahnt, dass derartige verdeckte Attacken nicht unbeantwortet bleiben dürfen:
„In der 'Grauzone' der Kriegsführung gibt es nicht nur Sabotage, sondern auch Einschüchterung, Subversion, Bestechung und Chaos. Nicht alles führt zu einem ausgewachsenen bewaffneten Konflikt. Alle haben ein gemeinsames Element: Verwirrung stiften. Es ist schwierig, feindlichen Staaten die Schuld und das Motiv nachzuweisen. ... Die Gefahr einer Eskalation liegt auf der Hand, und westliche Entscheidungsträger sind deswegen nervös. Alle Reaktionen sind schwierig, riskant oder kostspielig. Doch nichts zu tun schafft den schrecklichen Präzedenzfall, dass Angreifer ungestraft handeln können.“
Keine Schwäche zeigen
Ohne harte Reaktion wird es weitere Sabotageakte geben, prophezeit Ukrajinska Prawda:
„Sollte ein weiteres Unterwasserkabel 'ausfallen', könnte es in den baltischen Staaten zu Stromengpässen kommen. Vieles hängt davon ab, ob die finnischen Ermittler in der Lage sein werden, eine russische Beteiligung an diesem Vorfall juristisch nachzuweisen. Nachdem der Öltanker prompt festgesetzt wurde, ist diese Chance nicht gleich Null. Sollte sich bestätigen, dass der Vorfall tatsächlich ein hybrider Angriff war, und würde eine harte Reaktion von europäischer Seite ausbleiben, würde das als Zeichen der Schwäche und Ermutigung für weitere Sabotageakte gewertet.“
Putin wird nicht aufhören
Die russische Bedrohung bleibt akut, selbst wenn der Krieg in der Ukraine enden sollte, warnt das Handelsblatt:
„Putin wird mit seiner Methode der Einschüchterung und seinen Destabilisierungsversuchen nicht aufhören, wenn der Westen seine Bedingungen erfüllt, so wie es selbst ernannte Friedensbefürworter fordern. Im Gegenteil. Die Anschläge, Sabotage, Hacker-Attacken und Desinformationskampagnen zeigen doch vielmehr, was Putin für ein Typ ist. Auch ein Waffenstillstand mit der Ukraine wird ihn nicht davon abhalten, westliche Demokratien weiter destabilisieren zu wollen. Solange Putin an der Macht ist, werden wir uns ein Stück weit daran gewöhnen müssen, dass auch Deutschland unsicher bleiben wird.“
Lichtscheues Business aufdecken
Dass der verdächtige Tanker festgesetzt wurde, war ein guter erster Schritt im Kampf gegen gefährlichen Seeverkehr, findet The Times:
„Das ist ein seltener Triumph im Kampf zwischen gesetzestreuen Ländern und einer schnell wachsenden 'Schattenflotte', die gegen alle möglichen Seerechtsvorschriften verstößt. Selbst ohne den mutmaßlichen Angriff an Weihnachten stellte der Tanker Eagle S eine Gefahr dar, da er Teil einer riskanten Armada war, die Küstenstaaten, andere Schiffe und die Ozeane selbst bedroht. ... Es gibt viele Menschen, die mit Schattenflotten Geld verdienen wollen, aber es werden weit weniger sein, wenn die Öffentlichkeit und die Banken herausfinden, dass sie dies tun.“
Finnland braucht dabei Rückendeckung
Für die Kontrolle der Schattenflotte muss eine langfristige Lösung gefunden werden, fordert Ilta-Sanomat:
„Die gegen die russische Schattenflotte verhängten Sanktionen reichen nicht aus, und Russland findet immer wieder einen neuen Weg, sie zu umgehen. Im Fall der Eagle S hatte Finnland Glück, denn da sie sich in finnischen Gewässern befand, konnte sie festgehalten werden. In internationalen Gewässern wäre die Situation anders gewesen. Dennoch ist es schwierig, die Schiffe der Schattenflotte zu kontrollieren, da sie nicht aus internationalen Gewässern verbannt werden können. Finnland ist ein Rechtsstaat, der sich an das Gesetz hält. Es muss eine dauerhafte Lösung für die Situation gefunden werden, und Finnland kann dies nicht allein tun.“