Wie wird Biden der Welt in Erinnerung bleiben?
Nächste Woche scheidet US-Präsident Joe Biden aus dem Amt und übergibt an Donald Trump. In einer Abschiedsrede warnte er eindringlich vor Gefahren für die Demokratie durch 'eine Oligarchie extremen Reichtums, extremer Macht und extremen Einflusses'. Kommentatoren ziehen nach vier Jahren Bilanz.
Diktatoren hatten nichts zu fürchten
Der US-Präsident war auf der Weltbühne zu zurückhaltend, findet The Times:
„Im Umgang mit Diktaturen war Biden zu zimperlich. Er hat es nicht geschafft, ein Atomabkommen mit dem Iran durchzusetzen, der nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien zunehmend isoliert ist und der Atombombe immer näher kommt. ... Seine Regierung hat auch nichts unternommen, um das wachsende Atomwaffenarsenal Nordkoreas einzudämmen. Und seine Kritik an Saudi-Arabien wegen der Ermordung des saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi war nur von kurzer Dauer. ... Wenn in den nächsten Tagen die israelischen Geiseln von der Hamas freigelassen werden, wird Biden versuchen, sich das als Verdienst anzurechnen. Doch sein außenpolitisches Vermächtnis steht bereits fest: Unter seiner Führung hatten Diktatoren wenig zu befürchten.“
Falsch gesetzte Prioritäten
Es war ein Fehler, Trumps Außenpolitik zu verwerfen, meint die regierungsnahe Tageszeitung Mandiner:
„Selbst liberale geopolitische Analysten haben nicht geleugnet, dass die Trump-Administration zwischen 2016 und 2020 bedeutende außenpolitische Erfolge erzielt hat. Mit dem anderen außenpolitischen Ansatz und den anders gesetzten Prioritäten [der Biden-Regierung] riskierte man also, die Früchte der vorherigen vier Jahre zu verspielen und die hohe Messlatte, die sie für sich selbst auf der Grundlage von hochfliegenden Prinzipien aufgestellt hatte, eventuell zu unterschreiten. ... Bidens Außenministerium hat beide Arten von Fehlern gemacht.“
Trotz Wachtums bleibt die Inflation
Wirtschaftlich hinterlässt Biden eine florierende Lage, aber auch ungelöste Probleme, urteilt L'Echo:
„Zum Abschluss seiner Präsidentschaft muss man ihm die starke Robustheit der US-Wirtschaft zugutehalten, die eine hohe Wachstums- und eine niedrige Arbeitslosenquote aufweist. Vor allem sein Inflation Reduction Act, ein massives Investitionsprogramm in Infrastruktur und Energiewende hat sich als Erfolg erwiesen. Gute Arbeitsmarktstatistiken oder ein glänzendes BIP können jedoch zwei große schwarze Flecken nicht kaschieren. Zum einen: Das US-Defizit ist weiterhin enorm. Vor allem aber bleibt die Inflation hoch. ... Der Anstieg der Lebenshaltungskosten belastet die Mittelschicht, jedoch ohne dass der Herr im Weißen Haus das Ausmaß des Problems wirklich wahrgenommen zu haben scheint.“