Nach Messerangriff in Aschaffenburg: Was tut not?

Eine Messerattacke auf eine Kita-Gruppe hat in Aschaffenburg zu zwei Toten geführt. Drei weitere Menschen wurden verletzt, sind aber außer Lebensgefahr. Ein 28-jähriger Afghane wurde als mutmaßlicher Täter in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Für politischen Streit sorgt nun insbesondere die Tatsache, dass der Mann durch Gewalt aufgefallen und ausreisepflichtig war.

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Der Tagesspiegel (DE) /

Vereinfachungen helfen nicht weiter

Eine tiefgreifende Problemanalyse sei nun nötig, meint der Tagesspiegel:

„Man könnte sich nun damit beschäftigen, auffällige Menschen besser zu überwachen. ... Man könnte auch darüber sprechen, warum Behörden allzu viele Ausreisepflichtige oder – wie in diesem Fall einen Mann, der angeblich freiwillig ausreisen wollte – nicht außer Landes bringen. Sicherheitsbehörden könnten besser vernetzt werden. Man könnte auch die Frage stellen, wie Psychiater die Gefahr durch derart auffällige Männer besser einschätzen können. Das alles bedeutet nicht, die Taten zu relativieren und die Täter von ihrer Schuld freizusprechen. Aber wer schon bei der seriösen Ursachensuche aufgibt und vermeintlich einfache Erklärungen einer echten Problemanalyse vorzieht, wird schlicht die Probleme nicht lösen.“

Welt (DE) /

Zeit für das schwere Besteck

Die Politik hat komplett versagt, empört sich die Welt:

„Wir haben rund 50.000 vollziehbar Ausreisepflichtige im Land und rund 800 Abschiebehaftplätze, mehr muss man nicht wissen. Hier und da ein Stellschräubchen drehen, hilft nicht mehr. Alle, die Deutschland verlassen müssen, zumal wenn sie Straftaten begehen, gehören in Abschiebehaft, bis sie gehen. Herkunftsländer, die nicht kooperieren, gehören sanktioniert, finanziell und politisch. Angesichts der Mordserie dieser Jahre wäre es längst Zeit, das schwere Besteck auszupacken. Das geschah nicht. Die Politiker, die es unterlassen haben, mögen sich ihre betroffenen Worte nach jedem neuen Mord sparen. ... Es hört nicht auf, weil die Politik nicht tut, was zu tun ist.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Grenzschließung bricht Europarecht

Der Forderung von CDU-Chef Merz nach einem "faktischen Einreiseverbot" kann die Süddeutsche Zeitung nichts abgewinnen:

„Deutschland hat 3876 Kilometer Grenze, sie effektiv zu überwachen, wäre eine Illusion. Und weil der Plan von Merz gleichzeitig so offen im Widerspruch zu Deutschlands europarechtlichen Pflichten steht, wäre es auch nicht verwunderlich, wenn die Anrainerstaaten die Deutschen dann erst recht alleinlassen mit ihren Grenzproblemen. Wer die Kooperation aufkündigt, braucht sich nicht zu wundern. Vor allem aber: An den Lebensumständen, die in Flüchtlingsunterkünften bewirken, dass viel zu viele junge Männer auf die schiefe Bahn geraten oder krank werden – oder beides –, ändert das weiterhin nichts.“

Der Standard (AT) /

Willkommenskultur am Ende

Der Ton wird sich im deutschen Wahlkampf nun massiv verschärfen, befürchtet Der Standard:

„Nach dem Anschlag von Magdeburg kurz vor Weihnachten gab es die Warnungen und Appelle, den deutschen Wahlkampf nicht vollends zu einer Art Wettstreit eskalieren zu lassen, wer lauter und radikaler auf Migranten schimpfen kann. ... Damit dürfte es nun vorbei sein. Denn in der Bluttat von Aschaffenburg ist so viel politischer Sprengstoff enthalten, dass sich das die AfD nicht besser hätte ausmalen können. ... Es befeuert die ohnehin schon überhitzte Debatte über eine Migrationspolitik, in der ein vernünftiger Ton wohl nun vollends der Vergangenheit angehört. Genauso wie die letzten Reste der deutschen Willkommenskultur.“