IS-Terror erreicht Türkei
Nach dem Selbstmordanschlag in Suruç verdichten sich die Hinweise, dass die IS-Terrormiliz dafür verantwortlich ist, sagte der türkische Premier Ahmet Davutoğlu am Dienstag. Ankara muss endlich gemeinsam mit den Kurden gegen die IS-Milizen vorgehen, meinen einige Kommentatoren. Andere loben den Einsatz der AKP-Regierung gegen den Terror.
Erdoğan muss PKK die Hand reichen
Der türkische Präsident Erdoğan muss in den sauren Apfel beißen und endlich mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zusammenarbeiten, fordert die konservative Tageszeitung La Vanguardia: "Die PKK hat auf Gewaltanwendung und eine Abspaltung des türkischen Kurdistans verzichtet. Sie strebt eine politische Lösung an, eine autonome Region, einen föderalen Staat. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die PKK der weitaus verlässlichere Verhandlungspartner ist als der Kalif der Provinz Rakka. Die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG sind außerdem die einzigen Landtruppen, denen es - mit der Unterstützung von US-Luftangriffen - gelungen ist, den IS in Syrien zurückzudrängen. Erdoğan muss zu seiner Verantwortung innerhalb der Nato und als bevorzugter Bündnispartner der EU stehen und den Kampf gegen den IS anführen. Die Türkei wird davon profitieren."
Kurden sind Schlüssel im Kampf gegen IS-Miliz
Ankara muss endlich erkennen, dass es die Falschen bekämpft hat, meint der linksliberale Tages-Anzeiger: "Der grösste Feind ist immer ein anderer - nur nicht der Islamische Staat. Gerade erst hat die Regierung die Truppen an der Grenze zu Syrien verstärkt. Über einen Einmarsch wurde spekuliert. Ein Kurswechsel? Mitnichten. Die Regierung fürchtet das Erstarken der Kurden, die grosse Teile Nordsyriens unter Kontrolle gebracht haben und auch in der Türkei nach Unabhängigkeit streben könnten, mehr als den IS. Dafür rüstet sich Ankara. Erdoğan will nicht wahrhaben, dass die Kurden im Kampf gegen den IS der Schlüssel sind. ... Der türkische Staatschef wird nur gemeinsam mit den Kurden Erfolg haben - im Kampf gegen den IS und in seinem Land."
AKP nicht verantwortlich für Bombenanschlag
Die türkische Opposition und regierungskritische Medien haben am Dienstag die bisherige Regierungspartei AKP beschuldigt, durch ihre Syrienpolitik mitverantwortlich für das Bombenattentat zu sein. Die regierungsnahe Tageszeitung Sabah hält das für unfair und lobt den Einsatz gegen Terror: "Präsident Erdoğan hat den Terror und seine Täter aufs Schärfste verurteilt. ... In einem demokratischen Regime ist kein Platz für eine Organisation wie die [verbotene kurdische Arbeiterpartei] PKK. Eine Demokratie lehnt eine Mörderbande wie den IS ab, sieht seine Existenz als etwas Gefährliches an. ... In dieser Situation liegt die wahre Stärke der Türkei beim Einsatz ihrer Gesellschaft für Demokratie. Das wird garantieren, dass das Land, das beinahe zwei Millionen [syrischen] Flüchtlingen das Leben gerettet hat, stabil und friedlich bleibt."
Niemand entgeht dem IS-Terror
Das Attentat in Suruç muss die Türkei und ganz Europa in Alarmbereitschaft versetzen, betont die liberale Tageszeitung Dagens Nyheter: "Ganz gleich, welcher Logik die lasche Haltung der Türkei gegenüber dem IS geschuldet ist, zeigt das Ereignis vom Montag, dass die türkische Führung die Lage falsch eingeschätzt hat. ... 'Dieser Angriff ist gegen die Türkei gerichtet', sagte Premier Davutoğlu am Dienstag. Man ist nun gezwungen einzusehen, dass das Land innerhalb der Region keine Ausnahme darstellt. Der IS wird die Türkei nicht in Ruhe lassen. Das Gleiche gilt aber ganz offensichtlich für ganz Europa - besonders wenn man das Attentat im Zusammenhang mit dem Verdacht des bosnischen Geheimdienstes sieht, dass im nördlichen Teil des Landes ein dschihadistisches Trainingslager entsteht. Das ist ein Alptraum, den die EU ernst nehmen muss."